Gleichstrom mit 400 bis 800 Volt für Server und Industrie: HVDC

HVDC-Stromverteilungen versprechen geringere Verluste, vor allem mit angekoppelten Batterien. Nvidia, Google, Microsoft, Meta, Infineon und TI arbeiten daran.

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Server-Racks in einem Rechenzentrum

Server-Racks in einem Rechenzentrum

(Bild: c’t Magazin (C. Windeck))

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christof Windeck
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Stromversorgung von Servern und Industriemaschinen erfolgt in Europa überwiegend einphasig mit 230 Volt Wechselstrom oder dreiphasig mit 400 Volt Drehstrom. Ein Umstieg auf Gleichstrom mit 400 bis 800 Volt Nennspannung verspricht Vorteile, vor allem wenn Akkumulatoren als Energiespeicher eingebunden sind, wenn Photovoltaik (PV) eine Rolle spielt oder falls sich Energie rekuperieren lässt.

Weil die elektrische Leistung das Produkt aus Strom und Spannung ist (P = U x I), fließt bei höherer Spannung ein proportional niedrigerer Strom für dieselbe Leistung. Dadurch sinken ohmsche Verluste in Kabeln und anderen Leitern oder diese können dünner sein und somit billiger.

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Mehrere Initiativen und Projekte entwerfen Technik und Spezifikationen für High Voltage Direct Current (HVDC) in Rechenzentren und Fabriken. Einige Lösungen lehnen sich an die für E-Autos entwickelte Ladetechnik mit Spannungen von 400 oder 800 Volt an. Die dafür entwickelten Kabel, Schalter, Wandler und Schutzvorrichtungen erreichen bereits höhere Produktionsstückzahlen, was die Preise senkt.

Die Open DC Alliance (ODCA) im ZVEI wiederum spezifiziert Industrienetze im Spannungsbereich zwischen 400 und 800 Volt, etwa mit Nominalspannungen von 540 oder 650 Volt.

Vor etwa einem Jahr zeigte Rittal Kühlsysteme für Racks mit 1 Megawatt Leistungsaufnahme.

(Bild: Rittal)

Die elektrische Leistungsaufnahme von KI-Servern wächst mit jeder Chipgeneration weiter an. Derzeit sind die ersten Serverschränke (Racks) mit mehr als 100 Kilowatt (kW) in Betrieb, in den kommenden fünf Jahren könnte es bis zu 1 Megawatt (MW) pro Rack werden.

Die enorme Leistung pro Rack erfordert in Rechenzentren sowohl Stromverteilungen als auch unterbrechungssichere Stromversorgungen (USV) mit sehr hoher Kapazität. Statt USVs und Server separat unterzubringen, stehen in manchen (Hyperscale-)Rechenzentren Racks mit KI-Servern direkt neben welchen mit Akku- und Stromwandlermodulen.

Wenn die Verbindung zwischen den Akkupuffern und den Servern mit Gleichspannung erfolgt, lässt sich die Zwischenwandlung in Wechselstrom (Alternating Current, AC) vermeiden sowie die damit verbundenen Verluste.

Diese Idee ist alles andere als neu und kommt bei sogenannten "Telco"-Servern für Telekommunikationsnetze seit Jahrzehnten zum Einsatz, weil diese traditionell mit -48 Volt (aus Bleiakkumulatoren) arbeiten.

Stecker und Buchsen für 400-Volt-Gleichstromtechnik (400 VDC nach IEC TS).

(Bild: Schurter)

Es gibt aber auch bereits USV-Systeme für 400 Volt Gleichspannung (400 VDC); die großen Servermarken Dell, HPE und Lenovo verkaufen für viele Server optional auch dazu kompatible Netzteile mit 380 VDC Nennspannung, die für 240 bis 420 Volt spezifiziert sind.

Im Rahmen des Open Compute Project (OCP) gibt es Bestrebungen, Server mit noch höheren Gleichspannungen von bis zu 800 Volt zu speisen. Auf dem OCP Summit im Oktober 2024 hatte Google dazu ein Konzept mit drei Leitern vorgeschlagen, die +400 und –400 Volt bezogen auf die Masseleitung übertragen (+/– 400 VDC).

Auch Nvidia plant 800-VDC-Versorgung für künftige KI-Racks und kooperiert dabei sowohl mit Infineon als auch mit TI.

Ein Schütz für 1000 A Gleichstrom: Schaltbau Eddicy C320

(Bild: Schaltbau)

Weil Solarmodule spottbillig sind, aber Netzstrom teuer, lohnt sich Photovoltaik für immer mehr gewerbliche Nutzer. Lokale Speicherbatterien steigern den Grad der eigenen Versorgung und puffern Nachfragespitzen ab. Bei manchen Industriemaschinen wie Robotern oder Staplern für Hochregallager verspricht zudem die Rekuperation von Bremsenergie einen nennenswertes Sparpotenzial.

Dazu müssen aber in den Fabrikhallen Gleichstromverteilnetze eingebaut werden. Die Open DC Alliance (ODCA) hat dazu Vorschläge für Normungsgremien erarbeitet, etwa die "Systembeschreibung DC-Industrie" (VDE SPEC 90037 V1.0).

Einige Hersteller verkaufen bereits Komponenten für HVDC-Installationen. Die Firma Schurter aus der Schweiz offeriert etwa Steckverbinder für 400 VDC, die Firma Schaltbau Schütze für Lasten im Bereich von Megawatt.

Bei der HVDC-Technik sind einige grundsätzliche Probleme zu lösen, etwa die Vermeidung von Lichtbögen (Arcing) beim Trennen elektrischer Verbindungen unter Last.

(ciw)