Börse: Rekord für Stunden mit negativen Strompreisen

Im Mai lagen die Preise an der Strombörse in 112 Stunden im negativen Bereich, während es 2016 nur 21 Stunden war. Die Zahl hat sich so fast verfünffacht.

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Balkonkraftwerk in Bremen

Balkonkraftwerk in Bremen

(Bild: heise online / anw)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

So oft wie nie zuvor sei im Mai 2025 der Strom an der Strombörse EPEX Spot zu negativen Preisen gehandelt worden, teilte das Unternehmen 1Komma5° mit. Das bedeutet, die Stromproduzenten mussten Geld dafür bezahlen, dass ihnen jemand den überschüssigen Strom abnimmt. Insgesamt gab es im Mai 2025 bisher 112 Stunden, in denen der Strompreis an der Börse EPEX Spot unter null Cent pro Kilowattstunde (kWh) lag. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren, im Mai 2015, waren es nur 21 Stunden. Im Mai 2024, der bis dahin den Rekord hielt, gab es 78 Stunden mit negativen Preisen.

Die Zahlen hat die Hamburger Clean-Tech-Firma 1Komma5° am Mittwoch veröffentlicht, die den Markt seit 2015 untersucht. Auch zuvor dürfte es keinen höheren Wert gegeben haben. Im Durchschnitt lagen die negativen Preise in diesem Mai demnach bisher bei etwa -1,90 Cent pro kWh. Am 11. Mai 2025 fiel der Preis um 13 Uhr sogar auf extrem niedrige -25 Cent pro kWh. Negative Strompreise entstehen, wenn viel mehr Strom produziert wird, als gerade verbraucht werden kann. Die Betreiber von konventionellen Kraftwerken müssen ihre Produktionsmenge trotzdem loswerden. Deshalb nehmen sie kurzfristig Abschläge in Kauf.

Jannik Schall, Mitgründer von 1Komma5°, erklärt, dass negative Strompreise oft zur Mittagszeit auftreten, besonders wenn die Sonne viel scheint. Dann produzieren die Solaranlagen auf Dächern und Feldern sehr viel Strom. Da es im Mai aufgrund günstiger Wetterbedingungen generell sehr viele Sonnenstunden gibt, kommen negative Preise in diesem Monat häufiger vor als in anderen.

Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien wie Solaranlagen und Windkraftwerken steigt auch die Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen. Im gesamten Jahr 2016 gab es zum Beispiel nur 97 Stunden mit negativen Preisen, während es im Jahr 2024 bereits 457 Stunden waren. Das ist ein Anstieg um fast das Fünffache.

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Smart-Meter-Gateways gelten als die technische Voraussetzung, um Solaranlagen, Speicher, E-Auto-Ladestationen und Wärmepumpen in den Strommarkt zu integrieren. Solarbetreiber können so ihren überschüssigen Solarstrom genau dann gewinnbringend an der Börse verkaufen, wenn Strom knapp und daher teuer ist. Zugleich ist es ihnen möglich, Strom exakt dann aus dem Netz zu beziehen und ihren Speicher oder ihr E-Auto zu laden, wenn Strom reichlich vorhanden und daher der Preis an der Börse günstig oder sogar negativ ist.

Der Bundesrat ließ Mitte Februar das Solarspitzengesetz passieren: Betreiber neuer Solaranlagen erhalten damit bei negativen Strompreisen keine Einspeisevergütung mehr und Smart Meter werden für Nutzer teurer. Hauptziel ist die Glättung temporärer Stromüberschüsse. Von dem ausgemachten Trend profitieren generell nicht alle Akteure. Betreiber von Wind- und Solaranlagen, die nicht flexibel auf Preissignale reagieren können, verlieren Einnahmen. Ein Überangebot an Strom kann das Stromnetz in ungünstigen Fällen zudem destabilisieren und erfordert von den Netzbetreibern Maßnahmen zur Frequenz- und Spannungshaltung.

(mma)