Elektronische Patientenakte: Wer widerspricht, soll nicht benachteiligt werden

Auf dem 129. Ärztetag forderten die Delegierten, die Cybersicherheit und Verfügbarkeit der IT-Infrastruktur zu stärken und mehr Schutz für Patientendaten.

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Person im Arztkittel mit einer Hand auf einem Tablet. Sicherheitssysmbole darüber. Ein Stethoskop hängt um den Hals.

(Bild: PeopleImages.com - Yuri A/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Delegierten des 129. Deutschen Ärztetag 2025 haben mehrere Beschlüsse zur elektronischen Patientenakte gefasst – auch die IT-Sicherheit und Verfügbarkeit der Telematikinfrastruktur soll besser werden. Demnach sollen Patientinnen und Patienten nicht benachteiligt werden, wenn sie der elektronischen Patientenakte widersprechen. Zwar ist ein entsprechendes Diskriminierungsverbot im Sozialgesetzbuch (SGB V) bereits verankert, als Begründung für den Antrag werden jedoch "politische Bestrebungen" genannt, wonach es "einen finanziellen Rabatt für Versicherte" gibt, die auf ihr Widerspruchsrecht verzichten.
Unter anderem hatte Bundeskanzler Merz in einer Wahlkampfrede Anfang des Jahres von einem Rabatt gesprochen, wenn Menschen ihre ePA-Daten spenden. "Menschen in diesem Land müssen sich auf gesetzliche Regelungen, die mit sorgfältiger Abwägung zu ihrem Schutz getroffen wurden, verlassen können", heißt es im angenommenen Beschlussantrag.
Voraussetzung für die Akzeptanz der ePA sei, dass alle Beteiligten "auf die Sicherheit sensibler Daten vertrauen könnten". Zudem müsse die ePA nutzerfreundlich umgesetzt werden. Auch die Barrierefreiheit lässt noch zu wünschen übrig.
Beschlagnahmeverbot fĂĽr medizinische Daten
Mit einem weiteren Beschluss fordern Ärzte zudem, dass das bestehende Beschlagnahmeverbot von medizinischen Daten für Strafverfolgungsbehörden weiterhin gilt und ausdrücklich auch für die Inhalte der elektronischen Patientenakte (ePA) gesetzlich verankert wird. Bisher gibt es den Beschlagnahmeschutz nicht für ePA-Daten.

Hintergrund für den Beschluss sind laut Antrag Forderungen der Justizministerkonferenz, Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf die ePA zu ermöglichen. Die Ärzte betonen, dass nur so das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in ihre Ärztinnen und Ärzte erhalten bleibt.

Aufgrund der bisher schlechten Nutzerfreundlichkeit fordern die Ärzte die Bundesregierung außerdem dazu auf, Anpassungen an der elektronischen Patientenakte "so schnell wie möglich umzusetzen". Ebenso sei "ein hohes, vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestätigtes Sicherheitsniveau unerlässlich".

Zudem müsse die Gematik "wirksame Maßnahmen gegen mögliche Angriffsszenarien entwickeln". Erneut erinnern die Ärzte an die schnelle "Umsetzung des elektronischen Betäubungsmittelrezepts sowie die Einführung einer Volltextsuche innerhalb der ePA-Dokumente". Das hatten Ärzte in der Vergangenheit bereits gefordert.

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Patienten sollen Daten besser schützen können

Um sensible Daten zu schützen, sollten Abrechnungsdaten laut Bundesärztekammer (PDF) "zunächst nur für die Versicherten sichtbar sein, damit sie gezielt Zugriffsrechte vergeben können". Mit Version 3.0 der elektronischen Patientenakte wurde das feingranulare Berechtigungsmanagement abgeschafft und soll auch – trotz Forderungen verschiedener Verbände und Datenschützern – nicht mehr wiederkommen. Das geht auch aus einer Antwort (PDF) der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Anne-Mieke Bremer (Die Linke) hervor. "Eine Zugriffsbeschränkung für einzelne Behandlungsdokumente je Leistungserbringer ist nicht vorgesehen" heißt es darin.

Bisher werden alle Daten automatisch in die ePA eingestellt, es sei denn, sie sind besonders kritisch. Außerdem fordern die Ärzte, dass "medizinische Befunde [...] dem Patienten erst nach ärztlicher Einordnung zugänglich gemacht werden [sollten], wenn therapeutische Gründe dies erfordern". Überdies sollten Ärzte nicht dazu verpflichtet werden, die ePA von Kindern und Jugendlichen zu befüllen. Dazu hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung bereits eine Richtlinie veröffentlicht.

Da Cyberangriffe eine wachsende Bedrohung für das Gesundheitswesen darstellen und der Schutz der IT-Infrastruktur ausbaufähig ist, fordern die Ärzte (PDF) mehr Resilienz für lokale und zentrale Systeme. Ausbaufähig ist vor allem die Verfügbarkeit und Robustheit von Anwendungen und Diensten – insbesondere der Telematikinfrastruktur (TI), bei der es regelmäßig zu Störungen kommt. Ebenso sollte den Ärzten zufolge mehr für die Sicherheit lokaler IT-Systeme getan werden.

Ebenso wichtig ist es, dass die Mitarbeiter wissen, wie sie diese Systeme sicher nutzen können. Die Leitung von Krankenhäusern, Arztpraxen und anderen Gesundheitseinrichtungen soll daher dafür sorgen, dass ihr Personal regelmäßig geschult wird. Einseitige Abhängigkeiten von Diensten externer (Cloud-)Anbieter sollten ebenfalls berücksichtigt und "Mechanismen der Bedrohungserkennung" etabliert werden.

Im Rahmen der Krankenhausreform soll die Resilienz der Krankenhäuser deutlich verbessert werden. Neben Investitionen in Cybersicherheit sollen auch "Reservekapazitäten kritischer Versorgungsstrukturen sowie spezialisierte Versorgungsbereiche mitgeplant und umgesetzt werden". Dafür fordern die Ärzte ausreichend Mittel aus den geplanten Sondervermögen bereitzustellen.

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Hinweis auf bestehendes Diskriminierungsverbot und Wahlkampfrede von Friedrich Merz ergänzt.

(mack)