Nobelpreisträger: KI ist wie die Elektrifizierung, sie wird alles verändern

Demis Hassabis, CEO von Google DeepMind, hält KI aktuell für übermäßig gehyped, auf längere Sicht berge sie jedoch extreme Umwälzungen für alle Lebensbereiche.

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Demis Hassabis bei SXSW London

(Bild: SXSW London)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Auf der SXSW London stellte sich Demis Hassabis den Fragen der Bloomberg-Journalistin Francine Lacqua. Der Kopf hinter Googles DeepMind ist sich sicher, dass die Künstliche Intelligenz künftig nicht nur in der Industrie Einzug hält. Kein Lebensbereich bleibe davon unbeeinflusst. Allerdings sieht er die Künstliche Intelligenz nicht als Bedrohung, sondern als Errungenschaft.

So findet er etwa die Fortschritte in den komplett von einer KI produzierten Videos absolut erstaunlich, meint allerdings, dass die Videos die Zuschauer nicht emotional ansprechen. Das könne nur der Mensch, weshalb KI in seinen Augen auch für Kreative keine Gefahr darstelle. Sie sei ein probates Werkzeug für alltägliche Arbeiten, die Künstler müssten den Videos aber weiterhin "Leben einhauchen".

Aus ähnlichen Gründen sieht Hassabis in der KI auch für Start-ups große Chancen. Die Prozesse würden durch KI deutlich verkürzt und vereinfacht, es gehe darum, die Tools effektiv zu nutzen, um Probleme zu lösen.

Der DeepMind-Mitgründer hatte in den 2010er-Jahren mit AlphaFold die dreidimensionale Proteinstruktur exakt beschrieben, damit ein 50 Jahre altes Problem gelöst und dafür 2024 den Nobelpreis in Chemie erhalten. Mithilfe der KI seien solche Entwicklungen in der Medizin künftig wesentlich einfacher, denn sobald ein Modell vorliege, könne es von vielen genutzt werden. AlphaFold ist seit 2021 Open Source und auch für die kommerzielle Nutzung freigegeben. Auf diese Weise lasse sich die Medikamentenentwicklung von vormals mehreren Jahren auf jetzt wenige Wochen verkürzen. Allerdings müssten die entwickelten Medikamente anschließend wie gehabt klinische Tests und Abnahmen durchlaufen, weshalb bis zur Produktreife weiterhin einige Zeit vergehe.

Danach gefragt, welche Entwicklung er sich persönlich von KI am meisten erhofft, antwortet der CEO, er hoffe auf ein Tool zur Bearbeitung von E-Mails. Offenbar plagt ihn diese Tätigkeit im Alltag sehr. So wünscht er sich ein System, das den Inhalt von allgemeinen E-Mails automatisch erkennt und in seinem persönlichen Stil beantwortet. Google bietet hier bereits einige Ansätze wie die Zusammenfassung langer Texte. Inwiefern DeepMind in diesem Bereich aktiv ist, verriet der Nobelpreisträger nicht.

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Interessanterweise hält Hassabis die KI derzeit für überbewertet. In etwa 10 Jahren werde sie aber weit mehr verändert haben, als jetzt vorstellbar sei. So werden sich seiner Meinung nach die Arbeitsabläufe ähnlich stark revolutionieren, wie in den 1880er-Jahren durch den Beginn der Elektrifizierung. In der Robotik sieht er beispielsweise noch Nachholbedarf, rechnet aber damit, dass KI hier in drei bis maximal fünf Jahren echte Durchbrüche erzielen wird.

Um die Forschung und Entwicklung weiter voranzutreiben, hält der Chemiker es für zwingend notwendig, die technischen und physikalischen Zusammenhänge hinter den KI-Tools zu kennen. Nach den Einstellungsvoraussetzungen bei Google DeepMind befragt, wand sich Hassabis zwar, man konnte aber heraushören, dass grundlegende Kenntnisse im genannten Bereich sehr willkommen sind. (uk)