Social Media: Was den Pinguinen ihre Kiesel sind Menschen online süße Tierfotos

In sozialen Netzen ist nicht alles schlecht, im Mittelpunkt stehen oft süße Tierfotos. Zwei Forscherinnen haben analysiert, wie die sich verbreiten – und warum.

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Ein Instagramfoto eines Igels auf zwei Hanteln, darunter der Text "That first workout after holidays"

(Bild: @rick_the_hedgehog)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Wenn Menschen in sozialen Netzwerken süße Tierfotos teilen, begründen und festigen sie damit Beziehungen in einer ähnlichen Art, wie es einige Pinguinarten machen, die sich gegenseitig Kieselsteine vermachen. Sie beschreiben es jetzt zumindest zwei Forscherinnen, die die Praxis wissenschaftlich untersucht haben. Die Veröffentlichung, Verbreitung und Weiterverbreitung von niedlichen Tieraufnahmen sind demnach die Grundlage für "digitale, affektive Netzwerke", bei denen Beziehungen auf Basis von Inhalten aufgebaut werden, die die Stimmung heben. Es handle sich um ein soziales Phänomen, bei dem es um weit mehr gehe als die Tierfotos selbst, erklärt Co-Autorin Zeynep Arsel.

Wie die beiden Forscherinnen erläutern, haben sie drei Schritte ausgemacht, in denen sich die Verbreitung von Tierfotos auf Instagram & Co. unterteilen lässt. Im ersten Schritt, den sie "Indexikalisierung" nennen, werde ein Bild oder ein kurzes Video eines Tieres mit einem emotionalen Hinweis oder einer Bedeutung versehen, um die eigene Beziehung dazu deutlich zu machen. So könne das Tier etwa in Kleidung gesteckt, die Aufnahme mit einem Hashtag versehen oder um liebevolle Sprache ergänzt werden. Wird das Ergebnis dann geteilt, entspreche das dem sogenannten "Pebbling" bei Pinguinen. Dabei verteilen die Vögel zur Partnerwerbung ausgewählte Kieselsteine.

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Wird ein Tierfoto online weiter geteilt und dazu etwa mit weiteren Hinweisen versehen, handle es sich um sogenannte "Re-Indexikalisierung". Das geschehe in einem sozialen Netzwerk auf Basis gemeinsamer Geschichten und vertiefe gleichzeitig die parasoziale Beziehung zwischen den Menschen und dem abgebildeten Tier. An dritter Stelle stehe demnach die Dekontextualisierung. Dabei werden personalisierte Informationen von der Aufnahme entfernt, um ein breiteres Publikum erreichen zu können. Accounts, die die dabei etwa kulturell relevante Bezüge einbetten, oder den Zeitgeist treffen beziehungsweise popkulturelle Bezüge herstellen, würden damit dann die größten Reichweiten erzielen. Einige Bilder würden dann zu Memes.

Für die Arbeit haben die Forscherinnen der Concordia University in Montreal mit Menschen gesprochen, die sich online an solchen Prozessen beteiligen und ihre eigene Expertise eingebracht. Die Studie wurde jetzt im Fachmagazin Journal of Consumer Research veröffentlicht. Relevant sei die Analyse, weil damit etwas erklärt werden könne, "was wir sehr oft machen und normalerweise überhaupt nicht hinterfragen", erklärt Arsel. Auch wenn sie sich auf Tierfotos beschränkt habe, dürften die Ergebnisse für andere Inhalte mit positiven Konnotationen übertragbar sein, meinen die Forscherinnen und verweisen etwa auf Fotos von leckerem Essen oder von süßen Kindern.

(mho)