E-Books: Autoren und Literaturagenten vs. Verlage

Romane von Philip Roth, Salman Rushdie und Orhan Pamuk, aber auch von Hunter S. Thompson oder John Updike als E-Book? Zumindest in den USA werden einige elektronische Ausgaben nun direkt über Amazon, unter Ausschluss der Verlage, vertrieben.

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Von
  • Jürgen Kuri

Andrew Wylie betreut diverse berühmte amerikanische Autoren, darunter Philip Roth . Aber auch Salman Rushdie oder der türkische Nobelpreisträger Orhan Pamuk lassen die Verhandlungen mit den Buchverlagen über die englischsprachigen Ausgaben ihrer Bücher von Wylie führen.

Das mit den Verlagen, das soll nun aber zumindest für die englischsprachigen E-Book-Ausgaben der von Wylie vertretenen Autoren ein Ende haben: Wylies Agentur, unzufrieden mit den Konditionen, die die Verlage den Autoren boten, schloss einen vorerst auf zwei Jahre befristeten Exklusiv-Vertrag mit dem US-Online-Einzelhändler Amazon ab. Die Bücher sind bei Amazon USA bereits unter Odyssey Editions zu finden, der Marke, unter der Wylie die E-Books künftig anbieten will.

Amazon übernimmt den Vertrieb der elektronischen Bücher der Autoren direkt, ohne den Umweg über Verträge mit den Verlagen. Den Vorstoß von Wylie unterstützen nach Angaben der Süddeutschen Zeitung die von Wylie vertretenen lebenden Autoren direkt. Neben den Büchern lebender Autoren sind durch den Vertrag aber beispielsweise auch Romane von Vladimir Nabokov, Saul Bellow, Hunter S. Thompson, Norman Mailer, Ralph Ellison oder Jorge Luis Borges abgedeckt. Insgesamt handelt es sich derzeit um 20 Titel.

Begeisterung breitet sich bei den Verlagen über diesen Schritt natürlich nicht aus. Random House, eine Tochtergesellschaft von Bertelsmann, zeigt sich laut der New York Times brüskiert. Der Verlag kündigte an, keine neuen Verträge mit Wylie abzuschließen: Die Agentur sei nun ein direkter Konkurrent.

Der Streit geht unter anderem darum, wem die Rechte an den elektronischen Ausgaben von Büchern gehören, über die Verträge geschlossen wurde, als E-Books noch gar nicht absehbar waren. Auch die Höhe von Vergütungen für die elektronischen Ausgaben von Romanen ist umstritten: 25 Prozent vom Netto-Verkaufserlös sind laut New York Times in den USA üblich, Autoren und ihre Agenten wollen aber bis zu 50 Prozent bekommen.

Die Backlist ist jedenfalls für die Verlage eine lukrative Einnahmequelle, und die wollen sie sich auch für die elektronischen Ausgaben der Bücher auf dieser Backlist sichern. Die Autoren (und natürlich die Agenten, die an ihren Einnahmen beteiligt sind) möchten dagegen verständlicherweise die Verwertungsrechte an ihren Büchern auch für die elektronische Version nicht unter Wert abtreten. Wylies Vorgehen ist möglicherweise nur der erste Schritt auf einem Weg, der schon die Musikindustrie an den Rand des Abgrunds brachte. Setzen sich E-Books wirklich durch, bieten Digitalisierung und Internet ganz neue Möglichkeiten für Eigenvermarktung und alternative Vertriebswege – und das ohne die Buchverlage, wenn sie sich nicht auf diese Möglichkeiten und die damit verbundene größere Macht der Autoren und Agenten einrichten. (jk)