Fernsehen überholt Internet als wichtigste Nachrichtenquelle

Für 43 Prozent der Bundesbürger sind lineare Fernsehnachrichten die wichtigste Infoquelle für News. Online-Quellen inklusive Social Media kommen auf 42 Prozent.

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Zwei alte Fernseher

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Tagesschau, heute & Co. haben in Deutschland den 1. Rang bei der Bedeutung zum Stillen des Informationshungers über aktuelle Ereignisse zurückerobert. 43 Prozent der Bundesbürger, die prinzipiell News konsumieren, bezeichnen dieses Jahr lineare Fernsehnachrichten als ihre wichtigste Quelle. 2024 waren es nur 41 Prozent. Die Online-Nachrichtenportale inklusive der in diesem Jahr erstmals berücksichtigten Podcasts und KI-Chatbots kommen insgesamt auf 42 Prozent. Das ist der gleiche Wert wie im Vorjahr, damals aber noch ohne die zwei neuen Kategorien.

Die Zahlen stammen aus der am Dienstag veröffentlichten deutschen Teilstudie des Digital News Report 2025 des Oxforder Reuters-Instituts zur internationalen Nachrichtennutzung. Demnach stellen soziale Medien weiterhin die wichtigste Nachrichtenquelle im Internet dar (14 Prozent). Die Bedeutung von Social Media für News ist seit 2013 stets gewachsen. Die Forscher sehen hier mittlerweile aber eine Sättigung erreicht.

Altersunterschiede spielen eine wichtige Rolle. Für den Großteil im Alter ab 55 ist das lineare Fernsehen die mit Abstand wichtigste Nachrichtenquelle (59 Prozent). In der jüngsten befragten Altersgruppe werden Nachrichten dagegen hauptsächlich online genutzt (65 Prozent). Dabei erachten weiterhin rund ein Drittel dieser 18- bis 24-Jährigen soziale Medien als ihre wichtigste Quelle für News. Für acht Prozent stellen Webseiten oder Apps von TV- und Radioanbietern die wichtigsten Nachrichtenquellen dar, für sieben Prozent sind es Podcasts. Lediglich bei vier Prozent der Teilnehmer in diesem Alter nehmen ChatGPT, Gemini &Co. diese Rolle ein.

66 Prozent der Online-Bevölkerung konsumieren mindestens einmal pro Woche Nachrichten im Internet. Die meistgenutzte Nachrichtenquelle dort sind soziale Medien. Bei den 18- bis 24-Jährigen bezieht jede zweite Person aus solchen Netzwerken regelmäßig News. 61 Prozent der erwachsenen Internetnutzer sehen mindestens einmal pro Woche eine Nachrichtensendung im linearen Fernsehen. In der jüngsten Altersgruppe sind es nur knapp ein Drittel.

Trotz ihrer Beliebtheit lässt sich beobachten, dass Social Media mehrheitlich ergänzend zu anderen Nachrichtenquellen genutzt werden. Dieser seit Jahren stabile Befund relativiert laut den Wissenschaftlern mögliche Risiken in Bezug auf die politische Meinungsbildung der Bevölkerung, wie etwa die Entstehung sogenannter Filterblasen oder Echokammern. Am meisten gefragt sind YouTube (18 Prozent) sowie WhatsApp und Facebook gleichauf mit je 15 Prozent. Von allen Nachrichteninhalten in sozialen Medien finden dabei die von traditionellen Nachrichtenmedien beziehungsweise professionellen Journalisten die größte Beachtung.

Entgegen ihrer zunehmenden Verbreitung spielen KI-Chatbots bislang nur eine geringe Rolle im Kontext von Nachrichten und genießen dabei wenig Vertrauen. Lediglich vier Prozent der Bundesbürger informieren sich wöchentlich mit solchen Werkzeugen über das Tagesgeschehen. Bei den Unter-35-Jährigen ist dieser Anteil mit rund 9,5 Prozent etwas höher. Zugleich werden KI-Tools nahezu immer als Ergänzung zu anderen Nachrichtenquellen genutzt. Laut den Autoren ist so aktuell nicht zu beobachten, dass dadurch herkömmliche Informationslieferanten verdrängt werden.

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Podcasts ermöglichen nicht nur einen flexiblen Nebenbei-Konsum auf verschiedenen Plattformen, sondern bieten auch Raum für die tiefergehende Beschäftigung mit komplexen Inhalten. Insgesamt hat fast ein Zehntel der Teilnehmer 2025 angegeben, mindestens einmal pro Woche Nachrichten auf diese Weise zu hören. Bei den unter 35-Jährigen ist diese Quote mit etwa 14 Prozent etwas höher. 44 Prozent der regelmäßigen Hörer geben an, dass sie bereit wären, einen angemessenen Preis für einen von ihnen präferierten Nachrichten-Podcast zu bezahlen.

Das Zahlverhalten für Online-Nachrichten generell bleibt 2025 in Deutschland auf einem niedrigen Niveau. Wie bereits 2024 sagen 13 Prozent, dass sie im vergangenen Jahr für Online-Nachrichten bezahlt oder ein gebührenpflichtiges Online-Nachrichtenangebot genutzt haben. Am stärksten ausgeprägt ist das Zahlverhalten in der mittleren Altersgruppe. Jüngere geben an, dass sie durch mehr Flexibilität bei der Bezahlung motivierter wären, spezielle Formate zu honorieren. Dazu zählt etwa die Option, einen kleinen Beitrag für einen Tag, für eine Woche oder für einen einzelnen Artikel zu bezahlen.

Das allgemeine Interesse an Nachrichten bleibt stabil. Wie bereits 2024 sagen 55 Prozent der Bundesbürger, dass sie überaus oder sehr an News interessiert sind. Gleichzeitig erklären 71 Prozent, dass sie mindestens gelegentlich Nachrichten gezielt vermeiden (2024: 69 Prozent). 13 Prozent versuchen dies sogar oft. Gründe dafür sind negative Auswirkungen auf die Stimmung sowie zu viele Berichte über Kriege und Konflikte.

45 Prozent der Nutzer zeigen sich überzeugt, man könne dem Großteil der Nachrichten in der Regel vertrauen. Die Hauptsendungen der öffentlich-rechtlichen Anstalten sind erneut die Angebote mit den höchsten Werten, gefolgt von regionalen Tageszeitungen. Mehr als die Hälfte der Befragten sieht in Influencern eine große Gefahr im Zusammenhang mit Desinformation. Weitere 47 Prozent äußern die Meinung, dass auf diesem Gebiet Aktivisten sowie ausländische Regierungen, Politiker oder Parteien riskant sind. 40 Prozent denken dies in Bezug auf solche Gruppen aus Deutschland. TikTok gilt als besonders gefährlich (57 Prozent), dicht gefolgt von X und Facebook (53 respektive 50 Prozent).

Generelle Trends und nationale Besonderheiten der Nachrichtennutzung untersucht das Reuters-Forschungsinstitut seit 2012 jährlich über Online-Befragungen in mittlerweile 48 Ländern. Das Leibniz-Institut für Medienforschung (Hans-Bredow-Institut) ist als Kooperationspartner für die deutsche Teilstudie verantwortlich. Die Feldarbeit dazu führte das Umfrageinstitut YouGov im Januar durch. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren mit Internetzugang.

(mki)