c’t-Story: Der Tracker
Zuverlässige Technik, die Verschusseltes wiederfindet, ist ein Traum jedes Vergesslichen. Vielleicht lüftet diese Technik nebenbei auch noch andere Geheimnisse?
(Bild: KI/Bearbeitung: heise medien)
Doris schob den Damenbauern auf D3. Den Zug hatte sie noch nie gemacht, jedenfalls konnte Konrad sich nicht daran erinnern. Das behagte ihm nicht. Jetzt würde er wieder lange nachdenken müssen und sie würde ungeduldig werden. Er nippte an seinem Milchkaffee und schaute auf das Fenster in Doris’ Rücken. Durch die altmodischen grünen Bleiglasscheiben sah er die Silhouetten von Menschen, die draußen vorbeigingen. Obwohl dort die Vormittagssonne schien, war es drinnen halbdunkel, denn die Scheiben ließen nur wenig Licht herein. Nur die Kupferblechlampen über den Tischen erhellten die Kneipe mit ihrem warmen Schein.
An den Tischen neben ihnen wurde ebenfalls Schach gespielt. Lauter alte Männer, stellte Konrad fest, die schweigend ab und zu einen Schluck von ihrem Tee, Kaffee oder Wasser nahmen. Kein einziges Glas Bier – das ließ der Ehrgeiz nicht zu, den jeder von ihnen sofort abstreiten würde. Sie kamen zum Schachspielen, nicht zum Frühschoppen. Und das hier war die ideale Schachkneipe: keine Musik, keine Spielautomaten und vor allem kein dämlicher Fernseher. Selbst die Gäste an der Theke unterhielten sich in gedämpfter Lautstärke.
Konrad hatte erst vor wenigen Monaten mitbekommen, dass hier jeden Mittwochvormittag Schach gespielt wurde. Seine Frau hatte es von einer Bekannten gehört und ihn wochenlang gedrängt, das doch mal auszuprobieren. Er spiele doch gerne Schach, dann käme er auch mal aus dem Haus und lerne vielleicht neue Leute kennen. Erst nachdem sie mit dem Argument gekommen war, dass sie sich "unseren" Ruhestand – sie meinte seinen Ruhestand – anders vorgestellt habe und dass das so ja wohl nicht weitergehen könne, hatte er sich schließlich aufgerafft.
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