Kernkraftwerk Lubmin: Rückbau dauert 20 Jahre länger

Im Jahr 1995 begann der Abriss des Kernkraftwerks Lubmin. Dieser wird nach aktuellen Schätzungen allerdings deutlich länger dauern und teurer werden.

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Foto von den Rückbauarbeiten im Kernkraftwerk Lubmin

Foto von den Rückbauarbeiten im Kernkraftwerk Lubmin

(Bild: EWN)

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6,6 Milliarden Euro sollte der Rückbau des Kernkraftwerks Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern eigentlich kosten – inzwischen wird von mindestens 10 Milliarden Euro ausgegangen. Dies berichtet der NDR unter Berufung auf das Entsorgungswerk für Nuklearanlagen (EWN), eine bundeseigene Gesellschaft, die für den Rückbau verantwortlich zeichnet. Bislang seien bereits 4,2 Milliarden Euro ausgegeben worden.

Zu den höheren Kosten kommen Verzögerungen beim Zeitplan. Die ursprünglich bis zum Jahr 2028 geplante Fertigstellung verschiebt sich deutlich bis in die Mitte der 2040er Jahre. Das bringt weitere inflationsbedingte Kostenrisiken mit sich.

Grund für die Kostensteigerungen sei unter anderem, dass Gebäude auf dem Kraftwerksgelände stärker radioaktiv kontaminiert seien als ursprünglich erwartet. Hiervon sei besonders das Spezialgebäude I betroffen. Dort sei eine besonders aufwendige Betonentfernung unter hohen Sicherheitsstandards erforderlich. Aber auch Verzögerungen bei der Endlagersuche, die zu höheren Betriebskosten führt, und Mittelkürzungen des Bundes, wodurch 80 Zeitarbeiter entlassen werden mussten, hätten zu dem höheren Zeit- und Kostenaufwand beigetragen.

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Laut NDR sollen die Bundesmittel wieder erhöht werden, um neue Fachkräfte zu gewinnen. Zudem ist ein neues Zwischenlager für die radioaktiven Abfälle geplant. Die Baugenehmigung hierfür werde aber frühestens 2027 oder 2028 erwartet. Im jetzigen Zwischenlager Nord lagern 74 Castor-Behälter mit hochradioaktivem Abfall.

Das Kernkraftwerk Lubmin “Bruno Leuschner” galt einst als Prestigeobjekt der DDR. Es wurde ab 1974 schrittweise in Betrieb genommen und 1990 nach der Wende aufgrund erheblicher Sicherheitsbedenken abgeschaltet. 1995 erfolgte die endgültige Stilllegung und der Beginn des Abrisses. Dem Kraftwerk fehlte unter anderem ein Containment, die Notkühlung war nicht redundant ausgelegt und ein Ausfall der Hauptkühlung galt als nicht beherrschbar.

Sicherheitsbedenken gab es schon zu DDR-Zeiten. Diese wurden aber wegen der strategischen Bedeutung des Kraftwerks, das erheblich zur Stromversorgung der DDR beitrug, von höherer Stelle unter Verschluss gehalten. Das Kraftwerk wurde zunächst mit vier Blöcken in Betrieb genommen und sollte um weitere vier erweitert werden. Hiervon wurde aber nur einer überhaupt probeweise in Betrieb genommen. Ein weiterer wurde fertiggestellt, aber nie verwendet.

Etliche Teile der Anlage wurden bereits demontiert, wie das EWN auf seiner Internetseite darlegt. Dazu zählen der Überwachungsbereich, der Ringwasserbehälter und Großkomponenten.

(mki)