KI-Update: ChatEurope, KI in Schulen, Medizinische KI, Meta-Gehälter, OpenAI
Das "KI-Update" liefert werktäglich eine Zusammenfassung der wichtigsten KI-Entwicklungen.
- Marko Pauli
- The Decoder
ChatEurope enttäuscht mit veralteten Informationen
Ein EU-gefördertes Projekt zur Desinformationsbekämpfung strauchelt selbst über Fakten. ChatEurope, ein von 15 europäischen Medienorganisationen wie dpa, Deutsche Welle und AFP getragener KI-Chatbot, liefert bei ersten Tests veraltete und irreführende Antworten. Die auf Mistrals Sprachmodell basierende Plattform sollte als "europaweite Allianz gegen Desinformation" fungieren, ignorierte jedoch bei Tests zentrale Themen wie den Ukraine-Krieg und verwies auf Quellen von 2018.
Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist beträchtlich. Während dpa-CEO Peter Kropsch von mehr Transparenz spricht, zeigt die Umsetzung erhebliche Mängel – ein problematischer Start für ein Projekt, das explizit gegen Falschinformationen kämpfen will.
Schulen fehlen Regeln fĂĽr KI-Nutzung
Deutsche Schulen hinken bei der Regulierung von KI-Tools hinterher, zeigt eine Umfrage des Technologieverbands Bitkom. Nur 23 Prozent der Lehranstalten haben einheitliche KI-Nutzungsregeln, während 27 Prozent gänzlich darauf verzichten. Gleichzeitig nutzen bereits 65 Prozent der befragten 14- bis 19-jährigen Schüler KI für schulische Zwecke.
Die Durchsetzungslücke ist offensichtlich: 46 Prozent der KI-nutzenden Schüler glauben, ihre Lehrer würden den unerlaubten Einsatz nicht bemerken. Fast ein Drittel schätzt die eigenen KI-Kompetenzen höher ein als die ihrer Lehrkräfte. Während 80 Prozent der Befragten KI-Anwendungen in der Schule erlernen möchten, wird dies nur 55 Prozent tatsächlich vermittelt.
Microsoft entwickelt medizinische "Superintelligenz"
Microsoft behauptet, einen Durchbruch in Richtung "medizinischer Superintelligenz" erzielt zu haben. Das neue KI-Diagnose-Tool MAI-DxO diagnostiziere bis zu 85 Prozent der Fallstudien aus einem Fachmagazin korrekt – viermal mehr als eine Gruppe erfahrener Ärzte, so der Konzern in einem Forschungsbeitrag.
Das System kombiniert mehrere große Sprachmodelle zu einem virtuellen Ärztepanel und verfolgt einen schrittweisen Diagnoseansatz. Anders als menschliche Mediziner beginnt das System mit begrenzten Patientendaten, führt gezielte Tests durch und stellt erst dann eine Diagnose. Mustafa Suleyman, Microsofts KI-Chef, kündigte Praxistests in den kommenden Jahren an.
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Meta lockt OpenAI-Angestellte mit Millionengehältern
Der Social-Media-Konzern Meta versucht, mit exorbitanten Gehaltsangeboten Spitzenkräfte von OpenAI abzuwerben. Laut Berichten des Tech-Magazins Wired sollen ausgewählten Experten bis zu 100 Millionen Dollar für das erste Jahr und insgesamt 300 Millionen Dollar für mehrere Jahre geboten werden. Diese Spitzenangebote gingen an etwa zehn Personen, wurden bislang jedoch nicht angenommen.
Die aggressive Abwerbetaktik hat bei OpenAI für Unruhe gesorgt. In einer internen E-Mail verglich das Unternehmen die Situation mit einem Einbruch und kündigte Anpassungen der eigenen Gehaltspläne an. Bisher wechselten sieben Mitarbeiter zu Meta – zu niedrigeren, aber immer noch beachtlichen Summen.
OpenAI erschließt Beratungsgeschäft für Großkunden
Der ChatGPT-Anbieter OpenAI diversifiziert sein Geschäftsmodell mit hochpreisigen Beratungsdiensten für Großkunden. Laut dem Tech-Infodienst The Information verlangt das Unternehmen mindestens zehn Millionen Dollar pro Kunde für die Anpassung von KI-Modellen und die Entwicklung maßgeschneiderter Anwendungen.
Zu den Kunden zählen bereits das US-Verteidigungsministerium und das südostasiatische Unternehmen Grab. Ein Kernbestandteil der Dienstleistung ist das "Data Labeling", bei dem Fachleute KI-Antworten bewerten und korrigieren. OpenAI erwägt, diese Aufgabe an spezialisierte Anbieter auszulagern.
Cloudflare fĂĽhrt Bezahlmodell fĂĽr KI-Crawler ein
Cloudflare, ein Internet- und Netzwerkunternehmen, will KI-Firmen künftig für das Abgreifen von Webinhalten zur Kasse bitten. Das neue "Pay-per-Crawl"-Programm soll Website-Betreibern ermöglichen, am Training von KI-Modellen mit ihren Inhalten zu verdienen. Gleichzeitig aktiviert Cloudflare bei neuen Domains standardmäßig eine Sperre gegen unerwünschte KI-Crawler.
Die Initiative reagiert auf wachsende Serverprobleme durch KI-Bots, die erheblichen Traffic verursachen können. Um KI-Unternehmen auf die neue Bezahlmöglichkeit hinzuweisen, nutzt Cloudflare den selten verwendeten HTTP-Fehlercode 402: "Payment required". Das Programm befindet sich derzeit in einer geschlossenen Beta-Phase.
X will Community Notes mit KI erstellen lassen
X führt "AI Writer Notes" ein – von künstlicher Intelligenz verfasste Hinweise unter kontroversen Beiträgen. Diese KI-generierten Community Notes sollen nicht ungefiltert erscheinen, sondern durchlaufen weiterhin den bestehenden Prüfprozess: Nur von anderen Community-Mitgliedern als hilfreich eingestufte Hinweise werden öffentlich sichtbar.
In Zusammenarbeit mit dem MIT und der University of Washington erforscht X diesen Ansatz als "Reinforcement Learning from Community Feedback". Das Unternehmen erhofft sich dadurch ein schnelleres und effektiveres Moderationswerkzeug fĂĽr Online-Plattformen.
Apple erwägt externe KI-Modelle für Siri
Apple zieht laut Bloomberg in Erwägung, für die Verbesserung seiner virtuellen Assistentin Siri auf externe KI-Modelle zurückzugreifen. Gespräche mit Anthropic und OpenAI sollen bereits laufen, um angepasste Versionen ihrer Modelle Claude bzw. ChatGPT für Apples Cloud-Infrastruktur bereitzustellen.
Die Überlegungen, statt eines eigenen KI-Modells auf externe Lösungen zu setzen, stoßen intern offenbar auf Widerstand. Das hauseigene KI-Team sei demoralisiert, berichtet Bloomberg. Apple versucht offenbar, die lange versprochene Verbesserung von Siri zu beschleunigen.
Chinesische Tech-Konzerne veröffentlichen KI-Modelle als Open Source
Die beiden chinesischen Techgiganten Baidu und Huawei haben ihre fortschrittlichen KI-Modelle überraschend als Open Source freigegeben. Baidu stellt seine ERNIE-4.5-Familie bereit, die in Benchmarks dem Modell Deepseek-V3 überlegen ist. Fast gleichzeitig kündigte Huawei die Veröffentlichung seiner Pangu-Modellfamilie an, darunter das leistungsstarke Pangu Pro.
Diese Entwicklung erhöht den Druck auf westliche Unternehmen wie OpenAI, die weiterhin auf geschlossene Modelle setzen. "Jedes Mal, wenn ein großes Labor ein starkes Modell open-sourced, steigt der Druck auf die gesamte Industrie", kommentiert Branchenexperte Sean Ren.
US-Senat kippt Trumps KI-Regulierungseinschränkung
Der US-Senat hat mit überwältigender Mehrheit von 99:1 eine Regelung aus Donald Trumps Steuerpaket abgelehnt, die Bundesstaaten die Erlassung eigener KI-Gesetze untersagt hätte, wenn sie Mittel aus einem 500-Millionen-Dollar-Breitbandprogramm erhalten. Ausschlaggebend war der Einspruch der republikanischen Senatorin Marsha Blackburn, die das "ELVIS-Gesetz" ihres Bundesstaates Tennessee verteidigt, das KI-generierte Musikerimitation ohne Zustimmung verbietet.
Die ursprüngliche Regelung, unterstützt von Tech-Konzernen wie Microsoft und Meta, hätte bundesstaatliche KI-Gesetze für fünf Jahre blockiert – mit Ausnahmen zum Kinderschutz und bestimmten Urheberrechtsfragen. Trotz dieser Niederlage dürfte die Technologiebranche weiter für einheitliche Bundesvorschriften lobbyieren.
(mali)