Gesundheitskarte: Kampf dem Chipkartenbetrug

Anlässlich eines Symposions tauschten in Berlin Experten erste Ergebnisse zum Einsatz der Verax-Liste -- ein fortlaufend aktualisiertes Verzeichnis aller Krankenkassen-Chipkarten -- in den Arztpraxen aus.

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Von
  • Detlef Borchers

Unter dem etwas reißerischen Titel "Verblutende retten, Betrüger abweisen" veröffentlichte der Verband Deutscher Arztpraxis-Softwarehersteller (VDAP) anlässlich eines Experten-Symposions in Berlin erste Ergebnisse zum Einsatz der Verax-Liste in den Arztpraxen. Die Liste ist ein fortlaufend aktualisiertes Verzeichnis aller Krankenkassen-Chipkarten, die regelmäßig in die Arztpraxis-EDV überspielt wird. Zieht die Arzthelferin eine Karte durch das Lesegerät, so erscheint sofort die Meldung, ob der Versicherte mit dieser Karte versichert ist.

"Der Vorgang, der durch die Verax-Liste verhindert wird, ist vergleichbar mit einer Person, die am Geldautomaten Geld zieht und im Nachhinein stellt die Bank fest, dass die Transaktion ungültig war", schildert Thomas Mohaupt, Leiter des Ausgabenmanagements bei der Betriebskrankenkasse Verkehrsbau Union (BKK VBU). Diese hatte mit 529 Vertragsärzten im Großraum Berlin/Brandenburg das Pilotprojekt zum Einsatz der Verax-Liste durchgeführt. Nach Angaben von Mohaupt soll sich der Schaden durch gefälschte oder ungültige Krankenkassen-Karten bei seiner Kasse allein im Großraum Berlin auf jährlich 1,168 Millionen Euro belaufen. Damit die Chipkartenbetrüger keine Chancen haben, müssen freilich die gesamten Status-Daten von 80 Millionen Versicherten von mehr als 300 Krankenkassen in Deutschland in einem Rechenzentrum zusammenfließen, was rechentechnische wie datenschutzrechtliche Fragen aufwirft. In einem weiteren Projekt soll daher der Einsatz der Verax-Liste in Berlin auf 3500 Ärzte ausgedehnt werden und weitere Berliner Krankenkassen einbezogen werden.

Dipl. Med. André Brzenska bezeichnete als teilnehmender Arzt des Pilotprojektes den Einsatz der Verax-Liste als unproblematisch und warnte vor Übertreibungen. Verblutende würden entgegen anderslautender Horrormeldungen nicht abgewiesen. "Letztlich bin aber natürlich ich als Arzt es, der entscheidet, ob eine Behandlung erfolgt. Auch kostenlos." Professor Klaus-Dieter Kossow, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Disease Management, stellte die Verax-Liste in den Zusammenhang mit der Gesundheitskarte, die 2005 die bisherigen Karten ersetzen soll. "Die Verax-Liste ist als Zwischenprojekt ideal geeignet, um die elektronische Gesundheitskarte finanziell zu unterstützen. Noch optimistischer gab sich Michael Schmitz, Vorsitzender des VDAP: "Am 1. Oktober 2005 könnten wir die erste Milliarde Euro bereits eingespart haben. Dies sollte uns Ansporn genug sein."

Gestern hatte das Statistische Bundesamt die erste bundesweite Krankenkostenrechnung vorgestellt. Mit "Krankenkosten 2002" wurde bekannt, dass die Krankenkosten in Deutschland im Jahre 2002 mit 223,6 Milliarden Euro größer als die Steuereinnahmen des Bundes waren, die rund 192 Milliarden Euro betrugen. Demgegenüber beliefen sich die Einnahmen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen auf rund 160 Milliarden Euro. Die neue Gesundheitskarte soll ab 2005 mit Produkten wie e-Rezept, später e-Arztbrief und e-Patientenakte für jährliche Einsparungen von 500 bis 700 Millionen Euro sorgen. Diesen Einsparungen stehen Einführungskosten von mindestens 1,5 Milliarden bis 1,7 Milliarden Euro gegenüber. Die Gesundheitskarte gilt als derzeit ehrgeizigstes und größtes IT-Projekt der Welt. An ihrer Vorbereitung arbeitet das so genannte bIT4health-Konsortium, an dem die Firmen den Firmen IBM, SAP, Orga Kartensysteme, IntercomponentWare und das Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO) beteiligt sind. (Detlef Borchers) / (anw)