China beginnt mit Errichtung weltgrößter Wasserkraftanlage in Tibet

China baut eine Wasserkraftanlage mit extrem hoher Leistung in Tibet. Das Projekt stößt aber auf viele Bedenken.

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Zahlreiche Wassertropfen

(Bild: Simikov/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Chinas Ministerpräsident Li Qiang hat am Samstag den Grundstein für die weltweit größte Wasserkraftanlage in der tibetischen Stadt Nyingchi in der Nähe der indischen Grenze gelegt. Die Anlage soll nach bisheriger Planung etwa 300 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr liefern. Das entspricht in etwa der dreifachen Menge, die mit dem aktuell größten Kraftwerk der chinesischen Drei-Schluchten-Talsperre erzielt wird.

Der Ende 2024 offiziell genehmigte Staudamm soll fünf kaskadierende Wasserkraftwerke umfassen. Gespeist wird der Stausee durch den Fluss Yarlung Tsangpo, der auf einem tibetischen Plateau entspringt und von dort weiter in die nordöstlichen indischen Bundesstaaten Arunachal Pradesh und Assam als Brahmaputra fließt, von dort weiter nach Bangladesch.

Umgerechnet rund 176 Milliarden US-Dollar sollen in die Wasserkraftanlage und den Stausee fließen. Der dort produzierte Strom ist hauptsächlich dafür gedacht, Strom für externe Märkte zu liefern. Ein kleiner Teil davon soll verwendet werden, um den lokalen Energiebedarf Tibets zu decken.

Das Projekt ist allerdings umstritten, sowohl in der Region in Tibet als auch bei den Nachbarländern Indien und Bangladesch. In Tibet herrscht die Befürchtung, dass der Stausee brechen und große Teile der Region unter Wasser setzen könnte – mit katastrophalen Auswirkungen für die dortige Bevölkerung. Indien und Bangladesch sehen, dass China in politischen Konfliktzeiten den Staudamm als Druckmittel einsetzen könnte. Der Flusslauf könnte dann so manipuliert werden, dass er flussabwärts wahlweise Überschwemmungen oder Dürren auslöst.

Indien hat deshalb bereits eigene Wasserkraftprojekte in Arunachal Pradesh angestoßen. Damit will das Land die Kontrolle über die eigenen Wasserressourcen sichern und das Versorgungsrisiko, das von dem neuen chinesischen Staudamm ausgeht, minimieren. Die indischen Wasserkraftanlagen befinden sich dann allerdings in einer von Grenzstreitigkeiten zwischen China und Indien geprägten Region. China behauptet, dass Arunachal Pradesh zu Tibet gehört und damit Teil des chinesischen Hoheitsgebietes ist.

Auch Umweltschutzverbände äußern massive Bedenken gegen das riesige Wasserkraftprojekt Chinas. Sie sehen die nötige Umsiedlung von Teilen der tibetischen Bevölkerung sowie den Einfluss auf das empfindliche Ökosystem des Himalajas als kritisch an.

China versucht, diese Bedenken mit eigenen Untersuchungen auszulöschen. Wissenschaftliche Bewertungen des Projekts hätten ergeben, dass flussabwärts keine negativen Auswirkungen auf die Ökosysteme zu befürchten sind. Zusätzlich seien auch die geologische Stabilität und die Wasserrechte der Nachbarländer gesichert. China verkauft das Staudamm-Projekt vielmehr als ökologisches Mittel, um den Klimawandel eindämmen und zugleich den steigenden Energiebedarf decken zu können.

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Für den Bau des Staudamms und der Wasserkraftanlagen ist dafür eigens ein neues staatliches Unternehmen, die China Yajiang Group, ins Leben gerufen worden. Die Gruppe soll neben dem Bau auch für den Betrieb und den Umweltschutz verantwortlich sein.

(olb)