Wikipedia reagiert auf KI-Flut mit angepasster Richtlinie zur Schnelllöschung

Um der Flut minderwertiger KI-Inhalte Herr zu werden, führt Wikipedia eine neue Richtlinie ein. Sie erlaubt die Schnelllöschung von KI-generierten Artikeln.

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Wikipedia-Schriftzug auf einem Smartphone

(Bild: Allmy/Shutterstock.com)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Wikipedia-Community hat für ihre englische Sprachversion eine Regel veröffentlicht, um der wachsenden Flut qualitativ minderwertiger, von KI generierter Artikel – sogenanntem "AI-Slop" – entgegenzuwirken. Das berichtet das Online-Magazin 404 Media. Das soll Administratoren ermöglichen, offensichtlich maschinell erstellte und ungeprüfte Beiträge ohne die übliche einwöchige Diskussionsphase zu löschen, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen.

Normalerweise erfordert das Löschen eines Wikipedia-Artikels einen Konsens, der in einer siebentägigen Diskussion gefunden wird. Für eindeutige Fälle wie Vandalismus oder reine Werbung existiert jedoch bereits ein Schnelllöschverfahren, das jetzt erweitert wird. Ein Artikel kann laut Bericht schnell gelöscht werden, wenn er eine von zwei Bedingungen erfüllt: Entweder enthält der Text typische Formulierungen einer KI, die auf eine Nutzeranfrage antwortet – wie "Als großes Sprachmodell …" oder "Hier ist Ihr Artikel über …". Dies deutet laut den Autoren der Richtlinie darauf hin, dass der Einreichende den Text nicht einmal Korrektur gelesen hat.

Die zweite Bedingung für eine Schnelllöschung ist die Verwendung offensichtlich falscher oder erfundener Quellen. Dazu zählen Verweise auf nicht existierende Bücher und Studien oder Links, die zu thematisch völlig unpassenden Inhalten führen. Als Beispiel nennt die Richtlinie die Zitation einer wissenschaftlichen Arbeit über eine Käferart in einem Artikel über Informatik.

Ilyas Lebleu, Gründungsmitglied des "WikiProject AI Cleanup", bezeichnete die schiere Menge an schnell generierbaren Falschinformationen gegenüber 404 Media als "existenzielle Bedrohung" für die auf langwierige Diskussionen ausgelegten Prozesse der Wikipedia. Frühere Versuche, KI-Inhalte zu regulieren, scheiterten oft an der Unsicherheit, einen Text zweifelsfrei einer KI zuzuordnen. Die neue, spezifische Regelung sei zwar nur ein "Pflaster", das die offensichtlichsten Fälle abdeckt, aber sie setze ein klares Signal: Ungeprüfter, von einer KI übernommener Inhalt sei mit dem Geist der Wikipedia unvereinbar.

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Die neue Richtlinie zur Bekämpfung von KI-Fehlern kommt zu einer Zeit, in der die Online-Enzyklopädie wegen Qualitätsmängeln in der Kritik steht. Eine Untersuchung der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung von 1000 zufällig ausgewählten deutschsprachigen Einträgen ergab zudem, dass mehr als jeder dritte Artikel problematisch sei. Rund 20 Prozent der geprüften Seiten enthielten veraltete Informationen, fast ebenso viele beruhten auf nachweislich falschen Angaben. Auch die deutschsprachige Wikipedia-Community prüft derzeit, wie mit KI-Chatbots umgegangen werden soll.

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Spezifiziert, dass die Regel für Wikipedias englische Sprachversion veröffentlicht wurde und Informationen zur deutschsprachigen Community ergänzt.

(mack)