Nach 35 Jahren: AOL stellt Einwahlmöglichkeit über Modem in den USA ein

Millionen Menschen haben das Internet zuerst dank AOL erkundet. Die Einwahl übers Modem hat der US-Anbieter noch immer im Angebot – aber im Herbst ist Schluss.

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Eine CD von AOL auf einem haufen gleicher CDs

Sammlung von AOL-CDs, die an ein Studentenwohnheim geschickt wurden.

(Bild: Zuse)

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AOL hat angekündigt, in den USA die Einwahl ins Internet über ein Telefon-Modem nicht mehr zu unterstützen, am 30. September wird das "Dial-up Internet" eingestellt. Das hat der US-Internetkonzern jetzt mitgeteilt und ergänzt, dass auch die Software zum Einwählen und der "AOL Shield Browser" zurückgezogen werden. Beide seien für ältere Betriebssysteme sowie die Internetnutzung per Telefon-Modem optimiert und würden nun nicht mehr benötigt. Wie viele Internetnutzer und -nutzerinnen in den USA von dem Schritt betroffen sind, ist unklar, es dürften aber maximal noch einige Tausend und eher wenige hundert sein. Damit geht eine Ära zu Ende, brachte AOL doch in den 1990er-Jahren Millionen Menschen nicht nur in den Vereinigten Staaten erstmals online.

Das Angebot von AOL hat 1991 seinen Anfang genommen. Damals brachte der US-Konzern ein Zusatzprogramm für DOS heraus, um sich ins Internet einzuwählen. Der Durchbruch kam aber fünf Jahre später, als AOL eine Internet-Flatrate für 20 US-Dollar im Monat anbot. Der Konzern flutete alle potenziellen Absatzmärkte mit Millionen CDs für den Internetzugang. In Deutschland wurde die Kampagne von einem Werbespot mit dem Tennisstar Boris Becker begleitet. Dessen "Ich bin drin, das ist ja einfach", wurde zeitweise zum geflügelten Wort. Erfolgreich war AOL aber auch, weil sich das Marketing nicht an die Fachleute, sondern an Privatmenschen ohne große Vorkenntnisse richtete. Später hat AOL das hiesige Internet-Zugangsgeschäft an den damaligen Regionalanbieter Hansenet verkauft.

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In den USA haben sich noch vor zehn Jahren 2,16 Millionen Menschen über Modem und AOL ins Internet eingewählt. Die Maximalgeschwindigkeit lag auch da noch bei den altbekannten 56 KBit/s, weit unter den schon damals üblichen Werten. Fällig wurden dafür aber noch immer die vollen Preise von etwa 15 US-Dollar pro Monat. Auch die kostenfreien Probe-Accounts gab es noch. Laut der jüngsten Volkszählung der USA haben sich 2019 noch schätzungsweise 265.000 Menschen per Telefon-Modem ins Internet eingewählt. Neben AOL bieten das auch andere Provider an. Als AOL 2021 – zusammen unter anderem mit Yahoo – übernommen wurde, war die Modemkundschaft des Konzerns auf "wenige tausend" zusammengeschrumpft, hat CNBC berichtet. Jüngere Zahlen gibt es nicht mehr.

(mho)