Wondery-Umbau: Podcast-Branche zieht es immer mehr zum Video
Die Goldgräberstimmung bei Audiopodcasts scheint vorbei zu sein. Umstrukturierungen bei Amazons Podcast-Studio Wondery zeigen auf, wo die Reise hingeht.
Video killed the radio star. Der oft gespielte Song aus dem Jahr 1979, der den Übergang vom Radiohit zum Musikvideo beschrieb, lässt sich offenbar zunehmend auch auf die Podcastbranche übertragen. Aktuell sorgt die Zerschlagung des US-amerikanischen Podcast-Studios Wondery für Aufsehen, galt es doch vielen als beispielgebend, wie sich mit Audioinhalten im Netz Geld verdienen lässt.
Amazon strukturiert sein im Jahr 2021 übernommenes Podcast-Studio grundlegend um und entlässt dabei etwa 110 Mitarbeiter. Laut Medienberichten werden die preisgekrönten narrativen Podcasts wie "Business Wars" zu Amazons Audio-Plattform Audible verlagert. Creator-geführte Shows landen in einer neuen Abteilung, die sich auf prominenten-getriebene Video-Formate konzentriert. Wondery-CEO Jen Sargent verlässt das Unternehmen nach einer Übergangsphase.
Einnahmen vervierfacht
Nun ist es beileibe nicht so, dass die Podcasts rote Zahlen schrieben. Seit der Übernahme hat Wondery seine Einnahmen vervierfacht, berichtet die US-Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Doch mit Videoinhalten lasse sich deutlich mehr Geld verdienen und die Wachstumschancen seien rosiger, heißt es in der Branche. Der “Goldrausch” bei den Podcasts, der durch den True-Crime-Podcast “Serial” maßgeblich eingeläutet wurde, sei vorbei.
Zumindest für jene im Podcastgewerbe, die groß sind und noch größer werden wollen, bedeutet dies, dass sie Video können müssen, sagen Branchenbeobachter. Video-Podcasts ließen sich für Werbetreibende leichter vermarkten, da diese bereits an Video-Anzeigen auf verschiedenen Plattformen gewöhnt sind. Klassische Audiowerbung sei hingegen schwer verkäuflich.
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Verlagerung in Abomodelle
Das Feld des Audiojournalismus dürfte nach Expertensicht künftig stärker kleineren Anbietern überlassen bleiben – zumindest im US-amerikanischen Raum. Denn in Deutschland spielen die öffentlich-rechtlichen Medien eine große Rolle in der Podcast-Welt und schicken immer mehr Formate ins Rennen. Die Entwicklungen im Markt dürften folglich erstmal Freunde englischsprachiger Podcasts bemerken. Doch über kurz oder lang könnten sie auch über den Atlantik schwappen, wirkte doch auch die Goldgräberstimmung seinerzeit ansteckend auf hiesige Medienhäuser.
Amazon setzt bei der Integration in Audible auf Abo-Modelle statt Werbefinanzierung. Andere Anbieter wie Sony halten es ähnlich. Beliebte Formate werden damit nicht verschwinden. Doch Hörer müssen dann künftig dafür bezahlen.
(mki)