Seekabel-Sabotage: Tankerbesatzung in Finnland angeklagt
Ende 2024 wurden mehrere Seekabel vor Finnland gekappt. Jetzt steht eine Tankerbesatzung vor Gericht. Doch ist Finnland überhaupt zuständig?
Symbolbild
(Bild: Daniel AJ Sokolov)
Die finnische Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen die Besatzung des Tankers Eagle S erhoben. Sie wird verdächtigt, systematisch Unterseekabel in der Ostsee durchtrennt zu haben. Den Angeklagten drohen Haftstrafen wegen schwerer Sachbeschädigung. Unter den Kabel war die Verbindung Estlink2 zwischen Finnland und Estland, die Ende 2024 gekappt wurde. (Bezirksgericht Helsinki, Fallnummer R 706/2025/12270)
Wie die stellvertretende Generalstaatsanwältin mitteilte, werden der Kapitän sowie der erste und zweite Offizier des unter der Flagge der Cook-Inseln fahrenden Tankers Eagle S wegen schwerer Sachbeschädigung und schwerer Störung der Kommunikation angeklagt. Das Schiff soll im Golf von Finnland fünf Unterseekabel durch das Schleifen seines Ankers über etwa 90 Kilometer Meeresgrund durchtrennt haben. Finnische Behörden setzten den Tanker daraufhin fest.
Schäden in Höhe von 60 Millionen Euro
Der aus dem russischen Hafen Ust-Luga mit Ölprodukten ausgelaufene Tanker verursachte nach Angaben der Ermittler Sofortschäden von mindestens 60 Millionen Euro allein durch die notwendigen Reparaturkosten. Betroffen waren sowohl Strom- als auch Telekommunikationskabel mit sehr hoher Übertragungskapazität.
Die Durchtrennung der Kabel brachte Finnlands Energie- und Telekommunikationsversorgung in eine kritische Lage, heiĂźt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft. Laut Staatsanwaltschaft entstand ein "ernsthaftes Risiko" fĂĽr die nationale Infrastruktur, auch wenn die Dienste durch alternative Verbindungen aufrechterhalten werden konnten. Diese Redundanz der kritischen Infrastruktur erwies sich als entscheidend fĂĽr die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit.
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Ist Finnland zuständig?
Die Verteidigung bestreitet sowohl die Tatvorwürfe als auch die finnische Gerichtsbarkeit in diesem Fall. Die Angeklagten argumentieren, dass die Schäden an den Kabeln außerhalb finnischer Hoheitsgewässer aufgetreten seien und Finnland daher keine Zuständigkeit besitze. Das Bezirksgericht Helsinki muss nun zunächst diese grundsätzliche Frage der Gerichtsbarkeit klären, bevor das eigentliche Verfahren beginnen kann.
Der Fall reiht sich in eine Serie verdächtiger Vorfälle in der Ostsee ein, bei denen kritische Infrastruktur beschädigt wurde. Experten sehen darin eine neue Form der hybriden Kriegsführung, bei der zivile Infrastruktur gezielt angegriffen wird, ohne formell militärische Handlungen zu unternehmen. In Verdacht steht eine russische Schattenflotte von Schiffen, die auf ihrem Weg von und nach Russland Sabotageakte verüben.
(mki)