Videoportal sperrte Filme wegen falscher GVU-Behauptungen [Update]

Das Videoportal Vimeo sperrte den Zugriff auf Filme, weil die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) fälschlicherweise behauptet hatte, dass die Dateien gegen Rechte anderer verstoßen würden. Betroffen war der "Elektrische Reporter" von Mario Sixtus und "Du bist Terrorist " von Alexander Lehmann.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Holger Bleich

Ein aktueller Fall zeigt einmal mehr, dass die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) wenig zimperlich gegen vermeintliche Rechtsbrecher vorgeht. Per Mitteilung hatte sie am gestrigen Montag den Videohoster Vimeo dazu aufgefordert, eine Reihe von Filmdateien für den Zugriff zu sperren, weil die Verbreitung angeblich Urheberrechte Dritter verletzt.

Folgen einer ungerechtfertigen Sperrungsaufforderung der GVU

Unter diesen Dateien befanden sich allerdings auch "Du bist Terrorist" von Alexander Lehmann und vier Folgen des "Elektrischen Reporters", einer Reihe, die der Blogger Mario Sixtus im Auftrag des ZDF produziert. Möchte man die Videos abrufen, erscheint zurzeit die Fehlermeldung: "Vimeo has removed or disabled access to the following material as a result of a third-party notification by Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen claiming that this material is infringing."

Sixtus selbst hält die Urheberrechte an den Filmen, und er hat sie bei Vimeo eingestellt. Überdies veröffentlicht er die Dateien unter einer Creative-Commons-Lizenz. "Unter bestimmten Bedingungen (keine kommerzielle Nutzung, Namensnennung der Urheber) dürfen die Filme also von jedermann/-frau weitergegeben, kopiert und republiziert werden", schreibt der Urheber selbst in einer aktuellen Stellungnahme in seinem Blog: "Eine Urheberrechtsverletzung kann hier also aus ersichtlichen Gründen überhaupt nicht vorliegen, zumal ein Großteil der Urheberrechte bei mir liegen."

Die Creative-Commons-Lizenz könnte zwar etwaige Urheberrechtsverletzungen in derart lizenzierten Inhalten nicht nachträglich rechtmäßig machen – für die Filme von Sixtus ist dies jedoch nicht relevant, da keine Rechte Dritter berührt sind. Was auch der Rückzieher der GVU deutlich macht: Sixtus erklärte gegenüber heise online, auf seine Nachfrage vom gestrigen Montagabend habe heute der GVU-Geschäftsführer Matthias Leonardy versichert, dass es sich "um ein Missverständnis" seitens der GVU handle. Man werde die Löschung rückgängig machen.

Sixtus gab sich damit nicht zufrieden und forderte von Leonardy die Zusage, eine Unterlassungserklärung zu schicken, damit sich solche Fälle nicht wiederholen können. Weil der GVU-Geschäftsführer diese mündliche Zusage laut Sixtus verweigerte, schaltete der Blogger nun Rechtsanwalt Udo Vetter ein. Dieser hat der GVU am heutigen Dienstagmittag eine kostenpflichtige Abmahnung samt strafbewehrter Unterlassungserklärung geschickt.

In der Abmahnung weist Vetter die GVU darauf hin, dass sie gegen geltendes Urheberrecht verstoßen habe. Sein Mandant habe "das ausschließliche Recht, seine Werke zu veröffentlichen und zu verwerten". In diese Rechte habe die GVU eingegriffen, indem sie gegenüber dem Videoportal Vimeo fälschlicherweise Urheberrechtsverstöße behauptet und eine Sperrung der Inhalte verlangt habe. Die GVU habe "keinerlei Befugnisse, über die allein unserem Mandanten zustehenden Urheberrechte zu disponieren."

Die GVU selbst erklärte in einer am heutigen Dienstagmittag veröffentlichten Mitteilung, die Löschungsaufforderungen seien irrtümlich erfolgt, "eine Löschung der Titel war von der GVU weder gewünscht noch beabsichtigt". Deshalb sei bereits am gestrigen Montag um 22:59 Uhr eine weitere Mail an den Host Vimeo mit der Bitte gegangen, die Links zu den fraglichen Titeln wieder zu aktivieren.

Insgesamt habe man seit 2008 insgesamt fünf Millionen Löschungsaufforderungen "an verschiedenste Hoster weltweit" versandt. Die Links werden demzufolge nicht von der GVU selbst, sondern im Rahmen des "Projekts Portalschließungen" von dem Unternehmen OpSec ermittelt. Die aktuelle Aktion habe sich gegen die Portalseite "Monsterstream" gerichtet, auf der "neben den zahlreichen Links zu aktuellen Kinofilmen und TV Serien auch solche zu den genannten Titeln gepostet" worden seien.

[Update]

In einer weiteren Mitteilung hat die GVU am heutigen Mittwoch Mittag bestätigt, dass die fünf Videos seit dem gestrigen Dienstag Abend inklusive der Kommentare wieder auf Vimeo abrufbar seien. Bei Mario Sixtus und Alexander Lehmann habe man sich schriftlich entschuldigt. Außerdem habe man die Ursache für die versehentlichen Löschungsaufforderungen gefunden. Petur Agustsson, Technischer Leiter bei OpSec Security erklärte: "Es handelt sich um einen Fehler im Abgleich-Modul, welches im Rahmen der Zuordnung der gefundenen Links zu den urheberrechtlich geschützten Titeln der Rechteinhaber zum Einsatz kommt. Dieser Abgleich hatte in diesem Fall nicht funktioniert. Der Fehler konnte behoben werden." (hob)