Studie: Probleme bei Social Media sind immanent
Echokammern und Empörung: Es gibt keine Stellschrauben, die Social Media weniger toxisch machen – sagt eine neue Studie.
(Bild: AlpakaVideo/Shutterstock.com)
Social Media befördert Empörung, ermöglicht Radikalisierung und generiert Filterblasen. Zu viel Zeit in sozialen Netzwerken zu verbringen, macht oft nicht nur schlechte Laune, es ist auch geradezu toxisch. Eine Studie aus Amsterdam zeigt nun, dass sich daran offenbar nur sehr wenig ändern lässt.
Heißt es oft, die Algorithmen seien schuld, zeigt sich nun: Das stimmt so nicht. In dem Untersuchungsdesign haben die Wissenschaftler der Universität Amsterdam KI-Agenten in die Simulation eines sozialen Netzwerkes geschickt. Die Agenten sollten verschiedene Personen mit unterschiedlichen Meinungen und Verhaltensweisen darstellen. Dabei zeigte sich, dass ohne Algorithmen die bekannten Dynamiken entstanden – also Echokammern und Aufmerksamkeit für alles, was möglichst viel Empörung hervorruft. Auch bei verschiedenen Plattformdesigns zeigte sich: selbst in einem simplen Netzwerk, in dem es ausschließlich Beiträge, Reposts und Follows gab, kam es zu den toxischen Mustern.
Verbesserungen brachten gleichzeitig Verschlechterungen
Die Forscher testeten sechs Maßnahmen zur Verbesserung des Miteinanders: chronologische oder zufällige Feeds, Umkehrungen von Algorithmen, um die Sichtbarkeit von sensationellen Inhalten zu verringern, Meinungsvielfalt erhöhen durch gegensätzliche politische Ansichten, Brückenalgorithmen, die Inhalte zeigen sollen, die für mehr Verständnis stehen, Likes und Follower-Zahlen ausblenden, sowie Biografien entkoppeln.
Das Ergebnis: ernüchternd. Es gab kaum Verbesserungen. Zudem gingen mit Verbesserungen auf der einen Seite meist Verschlechterungen an anderen Stellen einher. Während etwa chronologische Feeds zwar die Aufmerksamkeitsungleichheit verringerten, verstärkte sich gleichzeitig die Verbreitung extremer Inhalte. Andere Maßnahmen hatten gar keine Auswirkungen.
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Ars Technica hat mit den Autoren der Studie über die Gründe gesprochen. Dort sagen sie, die Struktur der Netzwerke selbst sei das Problem – und auch ein Stück weit der Mensch. Aufmerksamkeit erhöhe Aufmerksamkeit. Statt von einer Filterblase spricht ein Autor gerne von der Triggerblase, denn besondere Beiträge triggern, mit ihnen zu interagieren. Nur ein Prozent der Nutzer dominiere zudem die Netzwerke – während 99 Prozent kaum gehört werden. Emotionale Inhalte fördern Reaktionen, auch wenn sie nicht algorithmisch hervorgehoben werden. Sie werden dann eben geteilt.
Einer der Autoren weist darauf hin, dass der Einsatz von KI-Agenten nicht komplett dem menschlichen Verhalten gleicht. Die Agenten bekamen ihre Persönlichkeiten aus der American National Election Survey, einer Befragung von Wählern, die regelmäßig in den USA durchgeführt wird.
So sei beispielsweise ein Bob entstanden, der gerne angelt und aus Massachusetts kommt. Bob sowie die anderen Personas sollten dann die Zeitung lesen und entscheiden, ob und wann sie posten, liken oder reposten.
(emw)