Anti-Spam-Arbeitsgruppe MARID der IETF streicht die Segel

Es gebe keine Aussicht zur Einigung auf ein Standardverfahren zur Überprüfung von Mailabsendern im DNS; die Beteiligten üben heftige Kritik an der Entscheidung und nehmen Microsoft wegen Patentansprüchen unter Beschuss.

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Von
  • Monika Ermert

Die Anti-Spam-Arbeitsgruppe der Internet Engineering Force MARID streicht die Segel. Ted Hardie, Chef für den Bereich Applications in der IETF, teilte den Mitglieder die gemeinsame Entscheidung der beiden MARID-Vorsitzenden, Andrew Newton und Marshall Rose, mit. Damit ist der Versuch, ein Standardverfahren zur Überprüfung von Mailabsendern im DNS zu verabschieden -- Anwärter waren RMX, SPF, CallerID und zuletzt vor allem das von Microsoft propagierte Sender ID -- vorerst gescheitert.

Vom Beginn an habe es in der Arbeitsgruppe grundsätzliche Auseinandersetzungen dazu gegeben, welche Art von Records und Mechanismen für deren Überprüfung zur Authentifizierung herangezogen werden sollten, schrieb Hardie an die MARID-Mitglieder. Kein Vorschlag habe sich durchsetzen können und Diskussionen um Microsofts Patentansprüche hätten die Diskussion schwierig gemacht. Da es keine Aussicht auf einen Konsens und das Erfüllen des gesteckten Zieles -- ein Standardvorschlag bis August 2004 -- gebe, hätten er und die MARID-Chefs sich für die Schließung der Gruppe entschieden. Die einzelnen Vorschläge sollen nun als individuelle RFC-Entwürfe bei der IETF eingereicht werden, erklärte Hardie.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe reagierten teilweise mit extremer Kritik. Die Eskalation rund um Microsofts Patentansprüche, die letztendlich zur Ablehnung von Sender ID führten, hätte vermieden werden können, so die Ansicht zahlreicher Mitglieder der Arbeitsgruppe, wenn dieser Anspruch früher in der Diskussion ausgeräumt worden wäre. "Die Tatsachen sind die Tatsachen", schreibt Terry Fielder, Manager Software Development and Deployment von Great Gulf Homes. Seiner Ansicht nach liegen die Fehler bei der Unterdrückung jeder Debatte über die Bedenken bezüglich der Patentansprüche, der Unterdrückung des ursprünglichen mail-from-SPF-Vorschlags, der Hinnahme wiederholter Verzögerungen von Microsoft bei der Offenlegung der Patentansprüche und der Zustimmung für eine Microsoft-Lizenz, die inkompatibel mit einer beträchtlichen Zahl von MTAs gewesen wäre. "Von Tag eins an hat das zum Himmel gestunken und die Anstrengung von Microsoft, Intellectual Property von SPF und verwandten Methoden zu stehlen, zeigt, was eigentlich dahinter steckte", schreibt der erboste Fielder. Fielder ist nicht der einzige, der den Chefs der Arbeitsgruppe vorwirft, die Diskussion über geistiges Eigentum und die Debatte anderer Vorschläge verhindert und damit das Scheitern verursacht zu haben.

Während die MARID-Webseite von der Seite der aktiven Arbeitsgruppen nun bereits verschwunden ist, tobt auf der Mailingliste weiter die Diskussion. Dadurch, dass man das Problem ignoriere, werde es nicht verschwinden, schreibt ein Mitglied. Wenn Sender ID tatsächlich ein Patent wird, dann, so warnt Greg Connor, "braucht man am Ende eine Lizenz von Microsoft wenn man Sender ID, SPF, DMP oder RMX, und möglicherweise sogar den DomainKeys-Vorschlag einsetzen will." Da es einen eigenen Standardvorschlag der IETF nun nicht geben wird, wird einem Microsoft-Vorschlag auch nichts entgegengesetzt. "Ich sage zu Microsoft, Schande über Euch," ereifert sich Connor, "dass ihr die Ideen von anderen Leuten klauen wollt. Zur Arbeitsgruppe sage ich, man hat uns einmal reingelegt, das darf uns nicht nochmal passieren."

Einmal mehr wird nun auch debattiert, wie die IETF ganz grundsätzlich mit den stetig zunehmenden Patentansprüchen umgehen soll. Da nun die verschiedenen Entwickler ihre Vorschläge als experimentelle Drafts weiterentwickeln und individuell einreichen sollen, dürfte das soeben von der Federal Trade Commission parallel zur IETF in Washington ausgerichtete "Host E-Mail Authentication Summit" einen Überblick über mögliche Player geben. (Monika Ermert) / (jk)