Kabelbranche schaltet sich in Debatte um Netzneutralität ein

Auch die deutschen Kabelnetzbetreiber fordern, dass große Inhalteanbieter wie Google für die Netze bezahlen. "Die Unternehmen, die massiv profitieren, sollen sich auch an den Netzkosten beteiligen", sagte Verbandschef Peter Charissé.

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Die deutschen Kabelnetzbetreiber schalten sich in die Debatte über Netzneutralität ein. "Die Unternehmen, die massiv profitieren, sollen sich auch an den Netzkosten beteiligen", sagte der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Kabelnetzbetreiber (ANGA), Peter Charissé, am Donnerstag der dpa. "Das sind vor allem die Videoanbieter wie YouTube." Der Verband forciert damit die Diskussion über neue Regeln für die Datenautobahnen auch in Deutschland. Diese Diskussion komme zum richtigen Zeitpunkt, sagte Charissé. "Wir sind in der gleichen Situation wie die Telekom und viele andere Anbieter, dass wir immer mehr investieren in die Netze."

Die klassischen Netze fürs Kabelfernsehen seien von der Einbahnstraße weggekommen und ermöglichten nun die Kommunikation in zwei Richtungen. Für diese Erweiterung und für den Ausbau der Kapazitäten seien "beständig mehr als 20 Prozent unserer Umsätze investiert" worden, sagte der Verbandsgeschäftsführer. Im Schnitt seien das jährlich etwa 700 Millionen Euro. Vor allem Glasfaserverbindungen seien massiv installiert worden – "und das wird natürlich weitergehen".

"Es ist absehbar, dass sich der Datenverkehr weiter rasant entwickelt", so Charissé. Eine Kostenbeteiligung der Inhalteanbieter sei im Kabelnetz nichts Neues: "Auch beim Transport von Fernsehprogrammen in Kabelnetzen gibt es eine Kostenbeteiligung." Der Verband mit Sitz in Köln hat dabei nach Darstellung seines Geschäftsführers "keine Startups im Auge, sondern nur die großen Konzerne, die Milliardenumsätze erzielen".

Im Internet hat unterdessen eine Gruppe von Politikern, Bloggern und anderen Netzbürgern eine Initiative für die Beibehaltung der Netzneutralität gestartet und deren gesetzliche Verankerung gefordert. "Netzneutralität ist elementar für unsere Demokratie", heißt es in dem Aufruf. "Ein freies Internet ohne staatliche oder wirtschaftliche Eingriffe ist Garant für freien Meinungsaustausch weltweit und damit die direkte Ableitung des Rechts auf Meinungsfreiheit."

Während die Diskussion hierzulande gerade richtig Fahrt aufnimmt, ist der Streit um die Netzneutralität in den USA bereits voll entbrannt. Die US-Regulierungsbehörde FCC möchte die Internetprovider wie klassische Telefonnetzbetreiber behandeln und damit die Wahrung von Neutralitätsprinzipien regulatorisch durchsetzen können. Diese Pläne stoßen auf heftigen Widerstand in der Branche, aber auch in Washington. In der US-Hauptstadt läuft der Lobbybetrieb in Sachen Netzneutralität auf Hochtouren. Die FCC hatte Gespräche mit Branchenvertretern über einen möglichen Kompromiss zuletzt ohne Ergebnis abgebrochen.

Am Montag haben die Industriegrößen Google und Verizon nun ihrerseits einen Vorschlag gemacht, wie sie die Zukunft der Netze gestalten wollen. Demnach sollen Prinzipien wie Transparenz und Offenheit zwar grundsätzlich gelten, aber nicht mehr für das mobile Internet oder nicht näher definierte neue Dienste. Kritiker sehen in dem Vorschlag den Einstieg in den Ausstieg aus der Netzneutralität. Zuletzt bekannte sich auch das soziale Netzwerk Facebook erneut zum Prinzip neutraler Netze.

Auch hierzulande gibt es Gespräche zwischen Netzbetreibern und Inhalteanbietern. Die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde beteiligt sich an der Diskussion, die auch im politischen Berlin geführt wird. Chefregulierer Matthias Kurth hält die Netzneutralität in Deutschland nicht für akut gefährdet, spricht sich aber für eine Verständigung auf gemeinsame Prinzipien aus. (vbr)