Neue Analyse: Das Wow!-Signal war deutlich stärker als bislang angenommen

Vor fast 50 Jahren wurde in den USA ein Radiosignal empfangen, das weiterhin nicht erklärt werden kann. Nun wurden bislang unveröffentlichte Daten ausgewertet.

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Grafik mit verschiedenen Zahlen und Buchstaben, eine Sequenz ist umkringelt, daneben das Wort "Wow!"

Der berĂĽhmte Ausdruck

(Bild: Big Ear Radio Observatory and North American AstroPhysical Observatory (NAAPO))

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Das berühmte und bislang nicht erklärte Wow!-Signal aus dem Jahr 1977 war deutlich stärker als bislang angenommen und könnte auch von anderen Observatorien beobachtet worden sein. Das hat eine US-Forschungsgruppe anhand bisher unveröffentlichter Aufzeichnungen ermittelt und die Erkenntnisse jetzt vorab öffentlich gemacht. Sei man bisher von einer maximalen Flussdichte von 54 Jansky – also die eingetroffene Energie – (beziehungsweise seltener 212 Jansky) ausgegangen, hat das Team jetzt einen Wert von 250 Jansky ermittelt. Gleichzeitig geht die Gruppe davon aus, dass der reale Wert noch einmal deutlich höher gelegen haben dürfte. Nur wenige astrophysikalische Quellen seien als Quelle von Signalen mit derartigen Werten bekannt, "folglich war dieses Ereignis außergewöhnlich".

Das rätselhafte Signal wurde am 15. September 1977 mit dem "Big Ear"-Radioteleskop der Ohio State University aufgezeichnet. Die Intensität hat den zuständigen US-Astronomen Jerry Ehman derart überrascht, dass er die Zeichenfolge auf dem Ausdruck umkringelte und daneben "Wow!" geschrieben hat. Bis heute ist es einzigartig und seine Herkunft unbekannt. Vor allem, wenn es um die Suche nach möglichen außerirdischen Zivilisationen ("SETI" für "Search for Extraterrestrial Intelligence") geht, wird das Signal immer wieder zitiert, worauf auch die Forschungsgruppe jetzt hinweist. Ihre neue Analyse wurde durch Daten möglich, die zwischen 2006 und 2017 in zeitraubender Arbeit digitalisiert wurden. Darauf aufbauend habe man grundlegende Werte des Wow!-Signals neu kalibrieren können, so das Team.

In der bislang nur auf Arxiv veröffentlichten und nicht unabhängig überprüften Studie schreibt die Gruppe, dass die angepasste Frequenz des Signals von 1420,726 MHz eine deutlich höhere Drehung der Quelle um sich selbst nahelege. Zudem passe die ermittelte Geschwindigkeit der Quelle nicht zu derjenigen der meisten Objekte in der Milchstraße, es gebe aber Ausnahmen, die ähnliche Werte aufweisen. Außerdem könnten sich die Werte durch Objekte erklären lassen, die um andere kreisen, also beispielsweise Exoplaneten oder Gaswolken. Je präziser man die Frequenz kenne, desto besser könne man mögliche Quellen ausschließen. Schließlich passe die jetzt ermittelte Frequenz auch zu bestimmten interstellaren Gaswolken, die als Quelle ähnlicher Signale bereits bestätigt worden seien.

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Auf Basis der neuen Werte hat das Team auch die mögliche Quellregion am Himmel angepasst und gleichzeitig noch einmal untermauert, dass eine Interferenz irdischen Ursprungs mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ursache ausscheidet. Detailliert widmet sich die Gruppe dabei den Möglichkeiten, dass eine lokale Radiointerferenz, eine sogenannte Harmonische, Satelliten oder Weltraumsonden sowie Artefakte in den Daten selbst die Quelle des Signals sind. Auch solare Aktivität scheidet demnach als Erklärung aus. Als mögliche astrophysikalische Quelle nennt die Forschungsgruppe noch einen sogenannten Maser, also einen in der Natur vorkommenden Laser im Mikrowellenbereich. Das Team will die historischen Daten weiter untersuchen.

In dem Forschungsartikel wird auch noch einmal auf die Geschichte des Signals verwiesen, das trotz der Aufregung des Entdeckers anfangs keine Wellen geschlagen hat. So sei es zuerst in lokalen Zeitungen erwähnt worden, aber erst fast anderthalb Jahre nach der Aufzeichnung und damals ohne seinen heutigen Namen. Den habe es erst am 19. Juli 1979 in einem Artikel der Lima News aus dem gleichnamigen Ort in Ohio bekommen. Auch der habe aber nicht viel Aufmerksamkeit erregt. Die folgte demnach erst später im Sommer nach einem Artikel der Zeitschrift Cosmic Search, der auch den berühmten Ausdruck enthalten hat. Zusammen mit den Filmen Krieg der Sterne (Star Wars) und Unheimliche Begegnung der dritten Art sowie den beiden Voyager-Sonden wird das Wow!-Signal in zwei Jahren 50. Geburtstag feiern.

(mho)