Rheinland-Pfalz vor Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat am Donnerstag in Mainz den Entwurf zur Novellierung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) verabschiedet. In der POG-Neufassung werden unter anderem die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung und die Online-Durchsuchung verankert.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat am Donnerstag in Mainz den Entwurf zur Novellierung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) verabschiedet. In der Neufassung des Polizeigesetzes, über das seit April beraten wurde, werden unter anderem die sogenannte Quellen-TKÜ und die Online-Durchsuchung verankert.

Die rheinland-pfälzische Polizei erhält damit die Befugnis, Programme auf IT-Systemen zu installieren, die ein Mitschneiden von Kommunikation etwa in Form von Internet-Telefonie noch vor einer Verschlüsselung erlauben (Quellen-TKÜ). Voraussetzung für die Maßnahme ist ein richterlicher Beschluss.

Mit der gesetzlichen Zulassung von Online-Durchsuchungen dürfen rheinland-pfälzische Ermittler künftig zudem verdeckt auf Computer von Terrorverdächtigen und Schwerkriminellen zugreifen. Rheinland-Pfalz sei damit das erste Bundesland nach Inkrafttreten des BKA-Gesetzes Anfang 2009, das die gesetzliche Zulassung einer Online-Durchsuchung anstrebe, erklärte Innenminister Karl Peter Bruch (SPD). Die Erfahrungen in Bayern (wo Online-Durchsuchungen bereits seit 2008 möglich sind) und auf Bundesebene zeigten, dass diese Maßnahme "absoluten Ausnahmecharakter" habe, versicherte Bruch. Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang 2008 damals bestehende Länder-Regelungen zur Online-Durchsuchung für verfassungswidrig erklärt, den möglichen Einsatz der Maßnahme stark eingeschränkt und im gleichen Zug ein Grundrecht auf "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" formuliert.

Das Internet werde zunehmend zur "Vorbereitung polizeirelevanter Gefährdungslagen" genutzt, erklärte der Innenminister von Rheinland-Pfalz nun. Deshalb sei es unerlässlich, "dass die Methoden der Sicherheitsbehörden mit den technischen Möglichkeiten der Terroristen und Kriminellen Schritt halten". Dazu gehört laut Innenministerium auch, "die Polizei zur Unterbrechung oder Verhinderung der Telekommunikation zu ermächtigen, um dadurch in besonderen Gefahrenlagen besonders wichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben oder Freiheit einer Person effektiv schützen zu können". Als Beispiel wird hier die Fernzündung von Bomben über Mobilfunkgeräte angeführt.

Aufgehoben wird in der Neufassung des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes die 2004 erteilte Ermächtigung zum automatisierten Kfz-Kennzeichen-Scanning. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Maßnahme im Jahr 2008 für verfassungswidrig erklärt. Zurückrudern muss Rheinland-Pfalz auch bei der Rasterfahndung, die künftig nicht mehr "bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr" zulässig ist, sondern nur noch "zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person". Auch diese Änderung beruht auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Im Hinblick auf zeugnisverweigerungsberechtigte Berufsgeheimnisträger sehe das neue Landes-POG einen weitergehenden Schutz als das BKA-Gesetz vor, heißt es in Mainz weiter. So dürften außer Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordneten auch Ärzte, Rechtsanwälte und Journalisten die Auskunft bei "polizeilichen Befragungen zur Abwehr von Gefahren für hochwertige Rechtsgüter" verweigern. Diese Berufsgruppen seien zudem "vor verdeckten Datenerhebungen umfassend geschützt". Der Gesetzesentwurf, der nun dem rheinland-pfälzischen Parlament zugeleitet wird, stelle eine "ausgewogene Balance" zwischen den Freiheitsrechten aller und dem Sicherheitsauftrag des Staates zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger dar, resümierte Innenminister Bruch. (pmz)