Hurrikan Erin: Googles KI-Wettervorhersage übertrifft klassische Modelle

Googles KI-Wettermodell stach bei der 72-Stunden-Vorhersage von Hurrikan Erin gegenüber etablierten Modellen hervor. Warum die KI etliche Vorteile bietet.

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Hurrikan Erin auf einem Satellitenbild

Hurrikan Erin auf einem Satellitenbild der US-Wetterbehörde NOAA

(Bild: NOAA)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Googles Bemühungen um Wettervorhersagen mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz finden in der Fachwelt erneut große Beachtung: Das experimentelle System hat jüngst etablierte Wettermodelle bei Vorhersagen für den weiteren Verlauf von Hurrikan Erin in den Schatten gestellt. Der Sturm, der zeitweise die höchste Kategorie 5 auf der Saffir-Simpson-Skala erreichte, war von Anwohnern der US-Ostküste mit Sorge beobachtet worden. In den ersten 72 Stunden zeigte das Google DeepMind-Modell die besten Bahn- und Intensitätsprognosen für Erin über alle Vorhersagen hinweg, wie Daten des ehemaligen Abteilungsleiters des nationalen Hurrikan-Zentrums der USA, James Franklin, zeigen.

Erst im Juni hatte Google das Weather Lab vorgestellt, eine eigene Website für die experimentelle Vorhersage von Wirbelstürmen. Die von Google DeepMind und Google Research betreute Seite stellt Vorhersagen des KI-Modells online, die bis zu 15 Tage reichen und 50 mögliche Szenarien aufzeigen.

Bei der Vorstellung erläuterte Google in einem Blogpost, dass herkömmliche Wettermodelle entweder die Zugbahn oder die Stärke von Wirbelstürmen vorhersagen können, aber nicht beides gleichzeitig. Grund dafür sei, dass die Zugbahn von großräumigen Luftströmungen bestimmt wird, während die Stärke von komplexen Prozessen im Detail abhänge. Das KI-Modell von Google vereine beides, indem es globale Wetterdaten der gesamten Erde mit Detail-Beobachtungen von 5000 Wirbelstürmen in den vergangenen 45 Jahren zusammenbringe.

Die Wirbelsturmvorhersage ist ein Teil eines Gesamtpakets von KI-Entwicklungen rund um die Wettervorhersage, die Google vorantreibt. Mit Modellen wie GraphCast und GenCast konnte das Unternehmen zum Beispiel bereits in der klassischen Wettervorhersage oder bei der Vorhersage von Extremwetter erste Erfolge verzeichnen.

Ein wesentlicher Vorteil der KI-Modelle liegt in ihrer Geschwindigkeit: Während traditionelle Wettermodelle stunden- oder sogar tagelang komplexe atmosphärische Gleichungen auf Supercomputern lösen müssen, können KI-Systeme Vorhersagen in Minutenschnelle generieren.

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Für europäische Nutzer wird es spannend, wie sich die Zusammenarbeit mit dem European Centre for Medium-Range Weather Forecasts (ECMWF) entwickelt. GraphCast wird bereits vom ECMWF verwendet, das ein Live-Experiment mit den Modellvorhersagen auf seiner Website vornimmt.

Trotzdem hat Googles KI-Modell noch Luft nach oben: Am Beispiel von Erin zeigte sich etwa, dass das Modell den kritischen Wendepunkt verpasst hatte, als der Hurrikan nach Norden ins offene Meer abdrehte. Dennoch zeigen sich viele Meteorologen beeindruckt darüber, dass die KI sehr schnell mit etablierten Modellen gleichgezogen oder sie teilweise überholt hat. Ungewohnt sei auch das hohe Tempo, mit dem sich Googles Vorhersage weiterentwickle. Klassische Modelle entwickelten sich deutlich langsam weiter, weshalb viele gespannt sind, welche Güte die KI-Vorhersagen in naher Zukunft noch erreichen können.

(mki)