Sommerwärme im Winter nutzen: Die Rolle von saisonalen Wärmespeichern

Die Energiewende braucht Speichertechniken. Eine der wichtigsten Komponenten: große Wärmespeicher. Manche heizen eine ganze Siedlung den halben Winter.

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Beim Erdwärmespeicher Meldorf wurde viel Pionierarbeit geleistet.

(Bild: Ramboll)

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Inhaltsverzeichnis

Wäre es nicht schön, wenn man die im Sommer so im Überfluss vorhandene Wärme wie die kleine Feldmaus Frederick im Winter zum Warmbleiben nutzen könnte? Dazu braucht es Wärmespeicher mit sehr viel Kapazität. Die Technik indes unterscheidet sich kaum von kleineren Wärmespeichern: In Wasser, Sand oder dem Erdreich wird sommers Wärme zugeführt und winters entnommen.

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Die spezifischen Kosten der Technik skalieren exponentiell fallend. Das heißt: Kleine Projekte sind meistens recht teuer, lohnend wird es erst ab einer gewissen Größe. Deshalb finden die meisten Projekte als Siedlungslösungen statt, die Nahwärme an viele modern gedämmte Haushalte liefern. Damit lassen sich dann 45 bis 70 Prozent des Wärmebedarfs nur aus Speicherwärme decken.

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  • Die ersten saisonalen Wärmespeicher sind in Deutschland bereits in Betrieb
  • Sie speichern Solar- oder Abwärme in so großen Mengen, dass sie bis tief in den Winter reichen (aber nicht den ganzen Winter).
  • Die Kosten sind so hoch, dass es trotz viel Förderung schwierig ist, einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten.
  • Deshalb braucht dieser Ansatz schlaues Denken in Systemen.

Der Artikel beleuchtet die verschiedenen Techniken saisonaler Wärmespeicherung von Wasserbecken über Erdwärmespeicher bis hin zu chemischen Speichern. Er umreißt die wirtschaftlichen Probleme und zeigt die Notwendigkeit systematischer Lösungen auf.

Wärmespeicher sind fast alle sehr einfach erklärt: Wärme ist wie Wasser, sie fließt (wenn sie kann) immer in Richtung des niedrigeren Niveaus. Um also einen Wärmespeicher zu laden, bringt man wärmere Materie in die unmittelbare Nähe, sodass der Energieaustausch stattfindet. Als Wasserwärmepuffer steht so etwas in praktisch jedem Hauskeller.

Wasser und andere Flüssigkeiten haben den Vorteil, dass man sie durch Wärmetauscher pumpen kann, um den Ausgleich zu beschleunigen. Wasser hat zudem eine hohe Wärmekapazität. Als reines Speichermedium kommen jedoch auch andere billig verfügbare Materialien in Frage. In Häusern etwa kann man viel Wärme im Beton speichern, sodass neuere Gebäude manchmal gleich mit großem Fundament-Wärmespeicher geplant werden. Und schlichter Sand eignet sich als Wärmespeicher für Temperaturen bis etwa 1000 °C, wie sie manche Industrieprozesse benutzen.

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Da wir die Wärme gezielt führen wollen, sollte der Speicher möglichst wenig Wärme ungeführt als Abwärme verlieren. Deshalb kommt bei Tankspeichern Dämmung zum Einsatz, und bei Erdbecken wird darauf geachtet, dass Wasserflüsse keine Wärmeenergie abführen. Zusätzlich kommt meistens ein Dämmdeckel auf die Oberseite.

Je größer ein Speicher, umso günstiger sein Verhältnis von Volumen zu Oberfläche. Das kennen wir schon aus Häusern: Je größer ein Haus, umso wirtschaftlicher ist es relativ (!) gesehen zu beheizen – gleicher Dämmstandard vorausgesetzt. Am einfachsten lässt sich der Effekt an einem Würfel verdeutlichen: Das Volumen steigt in der dritten Potenz zur Kantenlänge, die Außenfläche steigt nur mit sechsmal die Kantenlänge zum Quadrat. Unkompliziert zusammengefasst: Saisonale Wärmespeicher lohnen sich umso mehr, je größer sie werden.

PTES: Pit Thermal Energy Storage (Erdbecken), TTES: Tank Thermal Energy Storage (Tankspeicher). Die Kosten für saisonale Wärmespeicher fallen exponentiell und verhalten sich dann fast linear. Deshalb kommen sie immer in Systemkonzepten zum Einsatz. Das Kostenniveau von Tankspeichern liegt deutlich höher, deshalb kommen sie für kleinere Wärmemengen zum Einsatz (und deshalb liegen nicht beide Graphen in einem Koordinatensystem, der TTES wurde dann zu start gequetscht).
Quelle der Kostenpunkte und der Regressionsfunktionen: Sifnaios et al, 2023