Argentinien: MutmaĂźliche NS-Raubkunst in Immobilenanzeige im Internet entdeckt

Ein niederländisches Rechercheteam hat in einer Immobilienanzeige aus Argentinien ein Gemälde entdeckt, bei dem es sich wohl um NS-Raubkunst handelt.

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Foto eines Wohnzimmers, in der Mitte hängt das Gemälde einer Frau

Die inzwischen aus dem Netz genommene Aufnahme aus der Annonce: In der Mitte das Gemälde, um das es geht

(Bild: Robles Casas & Campos)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

In Argentinien sorgt der mutmaßliche Fund eines von den Nationalsozialisten entwendeten Kunstwerks für Aufsehen, das mehr als 80 Jahre nach seinem Verschwinden in einer Immobilienanzeige im Internet entdeckt wurde – und dann wieder verschwunden ist. Laut einem Bericht der Buenos Aires Times handelt es dabei um ein Werk des spätbarocken italienischen Künstlers Fra Galgario (geboren als Giuseppe Ghislandi). Das oder zumindest eine gute Kopie davon war von der niederländischen Zeitung AD auf einem Foto in einer Immobilienanzeige aus der argentinischen Stadt Mar del Plata entdeckt worden. Als die Polizei danach das Gebäude durchsucht hat, sei das Bild verschwunden gewesen. Das Haus gehört demnach der Tochter eines Vertrauten von Hermann Göring.

AD hat den mutmaßlichen Fund Anfang der Woche publik gemacht. Hintergrund ist eine Recherche der Zeitung nach dem ehemaligen hohen NS-Funktionär Friedrich Kadgien, der nach dem Zweiten Weltkrieg nach Argentinien gelangt ist und dabei zwei wertvolle Gemälde bei sich gehabt haben soll. Eins davon sei zweifellos NS-Raubkunst, es sei von Hermann Göring zu einem viel zu niedrigen Preis dem jüdischen Kunsthändler Jacques Goudstikker abgekauft worden. Kadgien hat laut dem Bericht in Argentinien zwei Töchter bekommen und ist 1978 gestorben. Das Rechercheteam habe in Argentinien vergeblich versucht, mit den Töchtern in Kontakt zu treten. Aber dann sei es auf die Immobilienanzeige gestoßen, auf der das verschwundene Gemälde über einem Sofa zu sehen ist.

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Nachdem die niederländische Zeitung den mutmaßlichen Fund am Montag öffentlich gemacht hat, sei die beschriebene Wohnung am Dienstag von der Polizei durchsucht worden, berichtet jetzt die Buenos Aires Times. Dabei seien zwar Schusswaffen gefunden worden, das Bild sei aber nicht mehr dort gewesen. Die argentinische Zeitung La Nación ergänzt, dass die Ermittler aber den starken Eindruck gehabt hätten, dass in dem fraglichen Raum kürzlich Änderungen vorgenommen wurden. So habe es hinter einem Wandteppich klare Spuren dafür gegeben, dass dort vor nicht allzu langer Zeit noch etwas anderes befestigt war. Auch von der Internetseite des Maklerbüros war die Anzeige bereits verschwunden. Das Gemälde gilt weiterhin als verschollen.

Während in Argentinien weiter nach dem Gemälde gesucht wird, haben die Erben des jüdischen Kunsthändlers laut AD Klage gegen die Familie Kadgien eingereicht. Die Zeitung schreibt noch, dass auf einem alten Social-Media-Beitrag der argentinischen Familie noch ein mutmaßliches Stück Raubkunst gefunden wurde. Das sei jedoch ebenfalls verschwunden. Bei der Durchsuchung der Wohnung in Mar del Plata seien aber durchaus auch Kunstwerke entdeckt worden. Die würden jetzt untersucht, sollten sie sich als echt herausstellen, dann würden sie ebenfalls von Künstlern stammen, deren Namen auf Listen zu gesuchten Raubkunstwerken stehen.

(mho)