Wir wollen das Publikum: IFA-Chef baut Messe thematisch aus
Mehr Innovationen, mehr Gaming, mehr Audio, vielleicht Energie und gern auch Autos. Der CEO der IFA will in Berlin ein Feuerwerk der Technik starten.
Am Freitag startet die IFA in Berlin. Die Messe für Smart Home und Unterhaltungselektronik findet wie gehabt unterm Funkturm statt. Die Abkürzung IFA steht aber nicht mehr für "Internationale Funkausstellung", sondern für "Innovation For All". Und sie umfasst mehr als nur die Ausstellung neuer Produkte, verspricht IFA-Chef Leif-Eric Lindner im Gespräch mit c't.
So rückt etwa die IFA Next näher ans Epizentrum Sommergarten heran und ergänzt die Messe um neue Themenbereiche. Dort zeigen Start-ups, Forschungseinrichtungen, Universitäten und technikgetriebene Unternehmen ihre Ideen, zukünftige Produkte und innovative Lösungen. Es geht um Vernetzung in smarten Städten, die Zukunft der Mobilität, Robotik, digitale Gesundheit, Fitness und natürlich Künstliche Intelligenz. Derzeit wandeln sich beispielsweise Smartglasses vom Nischenprodukt zum Alltagsbegleiter mit Lifestyle-Ästhetik. Auf der IFA kann man die intelligenten Brillen bei diversen Ausstellern begutachten.
Auch das Thema Robotik ist auf dem Messegeländer stark vertreten. Neben smarten Haushaltsrobotern zum Saugen, Wischen, Fensterputzen und Rasenmähen versuchen sich einige Unternehmen an Robotern für die Pflege. Kärcher arbeitet nach eigenen Angaben an einem Roboter für Toilettenreinigung. Der müsste Arme haben, dürfe aber nicht menschenähnlich wirken, denn dann gruseln sich die Kunden vor ihm, erklärte Kärchers Robotik-Experte Frank Fuchs. Das Phänomen "Uncanny Valley" beschäftigt die Hersteller smarter Roboter, auch wenn manche ihren Geräten niedliche Augen aufkleben.
Innovation Award folgt Design Award
Wie breit das Themenspektrum der Messe geworden ist, zeigt sich in dem neuen IFA Innovation Award. Der scheint eine Art IF-Design-Alternative von der CeBIT zu sein und soll laut IFA-Geschäftsführer Lindner als Markenbotschafter dienen. Bislang hatte die IFA nichts Vergleichbares, weshalb sich einige Unternehmen schon ihre eigenen IFA-Awards gebastelt hätten, erzählt Linder schmunzelnd. Die entbehrten allerdings jeglicher Grundlage, also musste für die IFA eine eigene Marke her. Diese sei mit dem IFA Innovation Award nun offiziell geschaffen, freut sich Lindner.
Der Preis wird unter anderem verliehen für bahnbrechende Entwicklungen bei KI, Quantencomputern oder AR/VR (Best in Emerging Tech), für Technik, die einen positiven gesellschaftlichen Beitrag leisten (Best in Tech for Good), für Best in Audio, in Design, im Transportwesen (Mobility) sowie bei digitaler GEsundheit (Digital Health). Zudem finden sich Schönheitspflege (Beauty & Personal Care) sowie die Erstellung von Inhalten (Content Creation) in den Preiskategorien. Damit wendet sich die Messe deutlich an ein jüngeres Zielpublikum.
(Bild:Â IFA)
In dem Sinn wanderte der Creators Hub von Halle 16 ins zentralere Palais am Sommergarten, erklärt Lindner. Dort finden Kreative vorbereitete Setups für Live-Aufnahmen vor, inklusive der notwendigen Technik und Geräte.
Gaming und Audio
Auch Computerspieler fasst der Messe-Chef ins Auge; der Bereich solle intensiviert werden, verspricht Lindner. Zwar findet stets kurz vor der IFA die Gamescon statt, doch da es dort üblicherweise keine Produktneuvorstellungen gibt, könne die IFA möglicherweise einen Teil der potenziellen Kundschaft nach Berlin ziehen. Dazu sollen die Bereiche Life-Gaming, Speed-Gaming sowie Twitch ausgebaut werden.
(Bild:Â Ulrike Kuhlmann, c't)
Hier hätte es Sony besonders leicht, denn der japanische Multimediakonzern könnte zu seinen Smart-TVs einfach seine Spielkonsolen stellen; das jüngere Publikum würde zweifellos zum Stand pilgern. Allerdings wären daran zwei Unternehmenssparten beteiligt, und die können sich wie so oft in sehr großen Unternehmen scheinbar nicht einigen. Ein Vertreter der Verbraucherelektroniksparte wies stattdessen darauf hin, dass Kunden einfach einen Controller an den großen Fernseher schließen könnten, um online an der eigenen Playstation zu spielen. Zeigen wird das Unternehmen aber wohl auch diese Lösung nicht.
Messechef Lindner betont, dass Audio nicht nur in der klassischen Unterhaltungselektronik, sondern auch beim Spielen ein entscheidender Faktor sei. Deshalb nehme die Messe das Thema jetzt stärker in den Blick. Und er weist darauf hin, dass die Audiomesse Highend im kommenden Jahr von München nach Wien abwandert. Möglicherweise biete das eine Chance, mehr Aussteller für den Audiobereich nach Berlin zu locken, hofft Lindner.
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Energietechnik und Autos
Im vergangenen Jahr zeigten große Unternehmen wie Samsung und LG Konzepte für nachhaltige Energieerzeugung, darunter das Zusammenspiel von Photovoltaik, Wärmepumpen und Speicher mit vernetzten Haushaltsgeräten. c't fragte den Messechef, ob sich hieraus ein neuer IFA-Schwerpunkt entwickeln könne. "Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht verzetteln", winkt der ehemalige Samsung-Manager ab. Da aber das Thema ohnehin aufgegriffen werde, müsse das IFA-Management das Ganze noch genauer erforschen, räumt er ein.
(Bild:Â IFA)
Mehr Interesse zeigt Lindner am Thema Automobilität. Davon wolle er gern mehr zeigen, brauche zunächst aber ein, zwei große Namen, damit andere nachziehen. Hieran arbeite das Management bereits. Schon jetzt kann man auf dem Berliner Messegelände einiges zur Mobilität finden, darunter E-Bikes, vernetzte E-Roller und Autos vollgestopft mit KI.
Die IFA findet vom 5. bis 9. September 2025 in Berlin, Messedamm 22, 14055 Berlin, statt.
Ă–ffnungszeiten
Freitag 5.9. von 12:00-18:00
Samstag 6.9. bis Dienstag 9.9 von 10:00-18:00
Eintrittskarten:
Tagesticket für Erwachsene 19,50 € (22,50 € ohne Nachlass)
Tagesticket für Kinder 0 €
(15 Jahre und jĂĽnger)
Familienticket 39 € (50 € ohne Nachlass)
(Tagesticket fĂĽr bis zu 2 Erwachsene und 3 Kinder)
Tagesticket Erwachsene + IFA Sommergarten Opening Night 19,50 €
(Zutritt zum IFA Sommergarten-Konzert am Donnerstag, 4. September)
Tagesticket ermäßigt 12 € (14 € ohne Nachlass)
(SchĂĽler, Auszubildende, Studierende und Menschen im Rollstuhl oder mit Behinderung (mit Nachweis, GdB min. 50%) )
Schulgruppe 39 €
(Tagesticket für Schulgruppen für bis zu 2 Lehrkräfte und 33 Schüler)
IFA-Sommergarten Abendprogramm:
Evil Jared x Krogi, Deine Cousinse + Listen to Berlin 19,50 €
(Donnerstag 4. September)
Joy Denalane & Max Herre 63,05
(Freitag, 5. September)
Ikkimel & Friends 52,50 €
(Samstag 6. September)
Fest & Flauschig Live 26 €
(Sonntag, 7. September)
Ein IFA Sommergarten-Ticket berechtigt am selben Tag zum Eintritt auf das IFA Hauptevent.
Viel Fachpublikum, aber keine reine Handelsmesse
Die Global Markets habe die IFA in diesem Jahr von der Station Berlin wieder direkt aufs Messegelände in die Halle 26 geholt, berichtet Lindner. Die Logistikhalle war in den Jahren zuvor belegt, nun konnte sie für die IFA reaktiviert werden. Auf der B2B-Handelsplattform IFA Global Markets treffen sich Hersteller, Zulieferer, Händler und Einkäufer, um internationale Partnerschaften aufzubauen und sich über die neuesten Entwicklungen in der Konsumgüter- und Elektronikindustrie auszutauschen. In eine ähnliche Richtung geht der IFA Retail Leaders Summit am Donnerstag, dem 4.9. im Palais am Sommergarten.
"Die IFA will das Publikum" (IFA-Geschäftsführer Leif-Eric Lindner)
Zur reinen Handelsmesse nach dem Vorbild der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas werde die IFA keinesfalls, versichert Lindner vehement: "Die IFA will das Publikum", erklärt der Messechef.
(Bild:Â IFA)
Auf den Einfluss der aktuellen US-amerikanischen Politik und dadurch bedingte Abwanderungen von der CES befragt, sieht Lindner zwei Tendenzen. Einige Unternehmen sagen kurzfristig ihre Teilnahme an der IFA ab. Sie nehmen dabei auch hohe Vertragsstrafen in Kauf und verlagern ihre Aktivitäten lieber in die USA. Das sei aber nur ein punktueller Trend, glaubt Lindner.
Bei anderen Unternehmen sei das Interesse an der IFA dagegen gewachsen. So scheinen etwa asiatische Unternehmen aus Japan und Südkorea aufnahmebereiter. Hier sieht er eine große Chance, "die Flanke ist offen", erklärt der Messechef. Deshalb besuche er mit einigen Mitarbeitern viele Veranstaltungen, andere Messen und große Unternehmen, um auf die IFA aufmerksam zu machen. Allerdings wolle Berlin nicht jede x-beliebige Firma als Aussteller: Die Messe solle nicht in einem Schwarm von Produkten untergehen, die man hierzulande auch nach Jahren nicht kaufen kann.
Wichtig ist ihm, dass die IFA eine ganzjährige Plattform für Technik und Innovationen wird. Das hat der IFA-Chef bereits 2024 angekündigt. Der Ganzjahresbetrieb solle etwa über News laufen, dafür werde derzeit ein Team aufgebaut. Auch der Innovation Award werde künftig als Marke weit über die reine Messezeit hinaus sichtbar sein.
(uk)