Finanzierungssystem von Wikileaks in der Diskussion

Das bisherige europäische System, nach dem die in Hessen angesiedelte Wau Holland Stiftung Geld nach Präsentation eines Rechnungsbelegs auszahlt, wird in den USA als unzureichend angesehen, da die Stiftung öffentlich Rechenschaft ablegen muss. Für Europa sehen Wikileaks-Sprecher kein Problem.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Whistleblower-Plattform Wikileaks will ihre Spendenverwaltung und die Ausgabenverrechnung verbessern. Das berichtet das Wall Street Journal. Das bisherige europäische System, nach dem die im hessischen Guxhagen angesiedelte Wau Holland Stiftung Geld nach Präsentation eines Rechnungsbelegs auszahlt, wird in den USA als unzureichend angesehen, da die Stiftung öffentlich Rechenschaft ablegen muss. Eine weitere Stiftung, die Rechnungen sammelt und umfaktoriert, soll die Anonymität von Wikileaks sichern, heißt es in dem Bericht.

Diese Idee bezieht sich auf die besonders intransparente Finanzierung in den USA und soll kein Thema für Europa sein. Für den europäischen Raum hat die Wau Holland Stiftung die Aufgabe übernommen, Spenden an Wikileaks zu sammeln. Spenden können per Banküberweisung oder über den Bezahldienstleister PayPal eingezahlt werden. Lag voriges Jahr das Spendeneinkommen bei 2000 bis 3000 Euro im Monat, so laufen derzeit nach Angaben des Wall Street Journals monatlich 10.000 bis 15.000 auf dem Wikileaks-Konto ein. Die höchste Einzelspende soll aus Deutschland direkt nach der Veröffentlichung von US-Dokumenten aus dem Afghanistan-Krieg eingetroffen sein und 10.000 Euro betragen. Aufgrund der starken Schwankungen beim Spendenaufkommen hatte PayPal den Verdacht auf Geldwäsche geäußert, der Dienstleister musste diesen aber wieder fallen lassen.

Von den bisher aufgelaufenen Einnahmen in Höhe von 500.000 Euro hat die Stiftung 50.000 Euro an Auslagen bezahlt, für die Rechnungen präsentiert wurden. Da diese Rechnungen etwa über Flugkosten oder Internet-Dienstleistungen Rückschlüsse auf die Organisation von Wikileaks gestatteten, wird nach Angaben der US-Zeitung nach einem Weg gesucht, die Zahlungen über eine weitere Stiftung zu aggregieren und zu anonymisieren.

Wikileaks-Sprecher Daniel Schmitt sagte gegenüber heise online "Wir rechnen nichts über die Wau Holland Stiftung ab, was versteckt werden muss, so einfach ist das. Das macht ein paar Probleme mit der Abrechnung von kritischen Teilen, das geht aber nicht anders. Ich sehe auch keinen Grund darin, zu verstecken, wohin wir fliegen."

Für ein System, in dem eine Stiftung einer anderen Stiftung Rechnungen stellt, sei zumindest in Europa kein Bedarf vorhanden, betonte Schmitt. Zuvor hatte Schmitt erklärt, dass man in Zukunft die Arbeit von vier bis fünf Hauptamtlichen honorieren will, was zu Gesamtkosten von 600.000 Euro im Jahr führen dürfte. Bis jetzt bestreiten alle Wikileaks-Mitarbeiter ihren Unterhalt aus anderen Quellen. Was die Sachkosten anbelangt, gebe es verschiedene Töpfe. So würden die Reisen und Sachmittel für den zweiten Wikileaks-Sprecher Julian Assange nicht von der Wau Holland Stiftung bezahlt, mit der Assange in keiner Verbindung steht.

Neben dem Weg über die Wau Holland Stiftung hat Wikileaks seit Kurzem ein Profil beim sozialen Belohnungsdienst Flattr. Ein Versuch, auch beim britischen Dienst Moneybookers (der für die Wikipedia sammelt) einen Bezahlungskanal für Wikileaks einzurichten, musste gestoppt werden, nachdem Moneybookers abgelehnt hat. (anw)