Forscher entwickeln lebenden Zement als Stromspeicher
Häuserwände könnten Strom aus erneuerbaren Energien speichern. Ein spezieller, mit Bakterien versetzter Zement soll das möglich machen.
Symbolfoto
(Bild: Achira22/Shutterstock.com)
Ein Forschungsteam der dänischen Aarhus University hat Zement mit lebenden Bakterien versetzt, sodass er als eine Art Superkondensator Strom speichern kann. Bei nachlassender Leistung kann das Material durch Zufuhr von Nährstoffen reaktiviert werden.
In der Studie "Living microbial cement supercapacitors with reactivatable energy storage", die in Cell Reports Physical Science erschienen ist, beschreiben die Wissenschaftler den lebenden Zement als Stromspeicher. Bei der Entwicklung handelt es sich zunächst um ein Proof-of-Concept, ist also noch kein fertiges Produkt, sondern soll zunächst zeigen, ob die Idee grundlegend umgesetzt werden kann und funktioniert.
Elektronentranser durch Bakterien
Die Forscher nutzten Zement und versetzten ihn mit Bakterien des Typs Shewanella oneidensis. Das exoelektrogene Bakterium ist in der Lage, in Umgebungen mit und ohne Sauerstoff zu überleben. Statt Sauerstoff nutzten sie Metalle oder spezielle organische Transporter. Durch die Stoffwechselreaktionen überträgt das Bakterium Elektronen auf Elektronenakzeptoren, sodass es zu einem Elektronentransfer kommt.
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Im Zement vermehrten sich die Bakterien und bildeten ein Netzwerk aus Ladungsträgern, die Energie speichern und bei Bedarf wieder freisetzen können. Die Forscher fanden heraus, dass das biohybride System eine Energiedichte von 178,7 Wh/kg und eine Leistungsdichte von 8,3 kW/kg aufweist. Bisherige Kondensatoren auf Zementbasis liegen deutlich unterhalb dieser Werte. Die Wissenschaftler schätzen, dass ein einzelner Raum aus diesem Zement eine Energiemenge von etwa 10 kWh speichern kann.
Die Forscher testeten den Zement in der Praxis. Dabei schalteten sie sechs Zementblöcke zusammen und konnten mit der in ihnen gespeicherten Energie eine LED-basierte Lampe zum Leuchten bringen. Das gelang sogar unter extremen Temperaturbedingungen bei minimal -15 °C und maximal 80 °C. Die Kondensatorfähigkeiten blieben dabei erhalten, wobei die höchste Leistung bei Temperaturen um 33 °C erreicht wird.
Regenerierbarer Stromspeicher
Die Aktivität der Bakterien lässt jedoch nach einiger Zeit nach, sobald die Nährstoffe verbraucht sind. Die Wissenschaftler integrierten deshalb ein mikrofluidisches System in den Zement, das die Bakterien mit Proteinen, Vitaminen, Salzen und Wachstumsfaktoren versorgt. Dadurch konnten 80 Prozent der ursprünglichen Kapazität des Zementspeichers wiederhergestellt werden.
Die Forscher gehen davon aus, dass der lebende Zement in Gebäuden zum Bau von Wänden sowie in Brücken eingesetzt werden kann, die dann als regenerierbare Stromspeicher dienen können. Strom aus erneuerbaren Energien wie etwa Sonne und Windkraft könnte dann darin lokal kostengünstig gespeichert werden, ohne dass teure Akkus nötig sind.
(olb)