Radionuklidbatterien rĂĽcken in Medizin- und Sensortechnik vor

Radioisotopengeneratoren erleben ein Comeback: Start-ups entwickeln kompakte Stromquellen fĂĽr Raumfahrt, Drohnen und Mini-Sensoren.

vorlesen Druckansicht 16 Kommentare lesen
Nuklearbatterie

(Bild: hpphtns/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Mehrere junge Unternehmen wollen die altbewährte Technik von Radionuklidbatterien aus der Nische holen: Die US-Firma Infinity Power entwickelt ein elektrochemisches Verfahren mit deutlich höherem Wirkungsgrad, während das chinesische Start-up Betavolt kompakte Nickel-63-Batterien für dieses Jahr angekündigt hat. Diese sollen bis zu 50 Jahre Strom liefern können. Und in Europa arbeitet die Raumfahrtagentur ESA am Projekt "Endure" (European Devices Using Radioisotope Energy) zur Entwicklung einer europäischen Radionuklidbatterie, die bis Ende des Jahrzehnts für die Raumfahrt einsatzbereit sein soll.

Radionuklidbatterien – auch Isotopenbatterien oder Radioisotopengeneratoren (RTGs) genannt – wandeln die Wärme oder Strahlung radioaktiven Zerfalls in elektrische Energie um. Anders als Kernreaktoren arbeiten sie wartungsfrei, ohne bewegliche Teile und mit sehr langen Laufzeiten. Ihre Effizienz ist gering, die Einsatzdauer aber außergewöhnlich lang: Jahrzehnte bis Jahrhunderte.

Bisher wurde die Technik primär in der Raumfahrt eingesetzt, aber die aktuelle Dynamik geht über den klassischen Raumfahrtbereich hinaus. Treiber ist vorwiegend die Medizintechnik, wo Radionuklidbatterien als vielversprechend für Implantate gelten, da sie extrem zuverlässig und wartungsfrei über Jahrzehnte arbeiten müssen. Laut einer aktuellen Marktstudie wächst der globale Markt von 0,42 Mrd. US-Dollar (2024) auf 0,69 Mrd. US-Dollar bis 2029 – ein jährliches Wachstum von 10 Prozent.

Ende 2024 hat das US-Unternehmen City-Labs Fördergelder bekommen, um ihre bereits kommerziell verfügbare Tritium-basierte Nuklear-Batterie auch für Herzschrittmacher zu entwickeln. Die Batterien liefern 20 Jahre lang zuverlässig Strom, je nach Modell in entweder Nano- oder Mikrowatt-Größe. Damit würde die Lebensdauer solcher Implantate erstmals die verbleibende Lebensdauer des Patienten erreichen – ein entscheidender Fortschritt gegenüber chemischen Batterien, die nur wenige Jahre halten und wiederkehrende Operationen nötig machen.

Die Idee ist alles andere als neu. Bereits in den 1970er-Jahren wurden in Europa und den USA Herzschrittmacher mit Plutonium 238 betrieben, deren Energieversorgung chirurgische Eingriffe zum Batteriewechsel überflüssig machte. Diese funktionierten jahrzehntelang zuverlässig, wurden aber wegen Entsorgungsproblemen und Sicherheitsbedenken eingestellt. Heute orientiert sich die Forschung deswegen an sichereren Isotopen wie Nickel 63 oder Tritium, die deutlich geringere Strahlung erzeugen. Auf dem radioaktiven Isotop Nickel-63 basiert auch die angekündigte 3-V-Batterie des chinesischen Unternehmens Betavolt Technology.

Nicht nur in der Medizin, sondern auch für andere Bereiche, wie autonome Militär- und Zivilsysteme und Sensorik für IoT und Robotik, wollen mehrere Unternehmen Radionuklidbatterien als wartungsfreie Energiequelle entwickeln.

Auch in der Maker-Szene sind Isotopenbatterien seit einigen Jahren Thema. Auf Instructables wird eine DIY-Atombatterie präsentiert, mit der ein Gameboy angetrieben werden kann. Dazu werden Tritium-Leuchtröhrchen aus Uhren oder Schmuck verwendet, um eine Solarzelle zu betreiben. Allerdings werden nur etwa 1,5 Mikrowatt generiert. Erst nachdem die auf diese Weise erzeugte Energie über mehrere Wochen gespeichert worden war, konnte der Maker hinter der Idee, Ian Charnas, seinen Gameboy damit kurz betreiben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die durch Strahlung freigesetzte Energie in Elektrizität umzuwandeln. Gerade die oben beschriebene Methode, die Strahlungsenergie mit Photovoltaik einzufangen, wurde auch neulich von Forschenden untersucht und als plausibles Konzept zur Energiegewinnung bewertet. Denn laut einer Anfang 2025 publizierten Studie könnte die Kombination einer radioaktiven Strahlungsquelle mit PV-Modulen, die Gammastrahlung ähnlich wie Sonnenlicht einfangen, großes Potenzial haben, etwa um Energie von Atommüll einzufangen.

Was von den angekündigten kommerziellen Plänen tatsächlich Wirklichkeit wird, lässt sich schwer sagen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass große Versprechen bezüglich der Atombatterie gemacht wurden. (mch)