Snap bereitet Marktstart der AR-Brille Specs mit neuem Betriebssystem vor

Snap zeigt neue Funktionen fĂĽr die Spectacles. Ein neuer Browser mit WebXR, ein alltagstauglicher Travel Mode und Snapchat-Features stehen im Mittelpunkt.

vorlesen Druckansicht
Der virtuelle AR-Browser zeigt Kurzvideos in einem Zugabteil.

Snaps neues Betriebssystem optimiert den Browser und fĂĽhrt neue Snapchat-Features fĂĽr die AR-Brille Spectacles 5 ein.

(Bild: Snap Inc.)

Lesezeit: 5 Min.
Von
Inhaltsverzeichnis
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Während Meta mit Projekt Orion noch im Prototypenstadium steckt, positioniert sich Snap bereits als Anbieter einer funktionsfähigen AR-Brille. Die aktuelle Entwicklerversion Spectacles 5 dient vor allem dazu, eine ausgereifte Basis für die im nächsten Jahr erscheinenden "Snap Specs" zu schaffen. Diese soll als alltagstaugliche AR-Brille für Endverbraucher etabliert werden – mit offener Entwicklerplattform, KI-Integration und eigener Softwarebasis.

Im Hintergrund arbeitet Snap bereits an wichtigen Features für die Specs und bringt nun eine überarbeitete Version seines Betriebssystems auf den Weg. Snap OS 2.0 führt neue Schnittstellen, Funktionen und Inhalte ein, die direkt auf der Brille und ohne Smartphone-Anbindung genutzt werden können.

Snap OS 2.0 führt eine neu gestaltete Benutzeroberfläche mit einem Fokus auf Sprach- und Gestensteuerung ein. Der neue Browser ist minimalistisch gestaltet und soll stromsparender und schneller sein. Webseiten lassen sich per Handbewegung oder Sprachbefehl öffnen, Lieblingsseiten können als Widgets auf dem Homescreen abgelegt werden und der integrierte WebXR-Support ermöglicht es, AR-Erlebnisse direkt aus dem Browser heraus zu starten.

SnapOS 2.0 (4 Bilder)

Das "Spotlight"-Feature zeigt Snapchat-Kurzvideos auf der AR-Brille Spectacles. (Bild:

Snap Inc.

)

Mit der neuen "Spotlight"-Lens können Snapchat-Inhalte wie Videos und Kommentare großflächig in das Sichtfeld eingeblendet werden. Sie schwebt dabei frei im Raum und kann entweder verankert oder per Handgeste mitgeführt werden. Die ebenfalls neue "Gallery"-Lens zeigt gespeicherte Fotos und Videos in einer scrollbaren Übersicht. Von dort aus lassen sich Inhalte direkt als Snapchat-Story teilen.

Über den "Travel Mode" dürften sich vor allem künftige Specs-Besitzer freuen, die häufig unterwegs sind. Damit sollen die Lenses auch in Bewegung stabil dargestellt werden. Als Beispiel zeigte uns Snap eine Fahrt mit dem Auto. Sobald der Nutzer einsteigt, erkennt die Brille automatisch, dass er sich in einem Fahrzeug befindet, und verankert die Inhalte auf Wunsch an den Armaturen. So wird verhindert, dass sich der Nutzer während der Fahrt von der digitalen Anzeige entfernt. Das soll auch in Flugzeugen oder Zügen funktionieren.

Mit OS 2.0 setzt Snap auch weiterhin auf ein offenes Lense-Ökosystem. Neben den eigenen Lenses gibt es inzwischen zahlreiche Anwendungen internationaler Studios, die echten Mehrwert im Alltag bieten sollen. "NavigatAR" von Utopia Labs navigiert Nutzende beispielsweise mithilfe von Einblendungen digitaler Wegweiser oder Karten in das Sichtfeld. "Cookmate" vom Hamburger Studio Headraft erkennt Lebensmittel im eigenen Kühlschrank, schlägt darauf basierende Rezepte vor und unterstützt mit Kochanleitungen. Auch das bekannte VR-Rhythmusspiel "Synth Riders" soll bald als angepasste AR-Version mit Gestensteuerung für die Spectacles erscheinen.

heise online XR-Briefing abonnieren

Jeden zweiten Montag, liefern wir Ihnen die wichtigsten Entwicklungen der XR-Branche. Damit Sie alles im Blick behalten.

E-Mail-Adresse

Ausführliche Informationen zum Versandverfahren und zu Ihren Widerrufsmöglichkeiten erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Multimodale KI-Modelle werden ebenfalls ein wichtiger Faktor für die Specs werden. Zwar wird das Unternehmen voraussichtlich keinen proprietären KI-Assistenten anbieten, Entwickler können in ihre Lenses aber bestehende KI-Modelle integrieren und diese etwa zur Echtzeitübersetzung oder zum Erkennen von Objekten im Blickfeld einsetzen. Anwendungen wie "Cookmate" oder die Bilderkennungs- und Übersetzungs-Lens "Super Travel" nutzen bereits diese Schnittstellen.

Ob Software, Hardware und Inhalte der Specs zum geplanten Start im nächsten Jahr ausgereift sein werden, bleibt abzuwarten. Trotz funktionaler Fortschritte und durchdachter Neuerungen im Betriebssystem kämpft die aktuelle Spectacles-Hardware noch mit Kinderkrankheiten. So funktioniert die Steuerung per Handgesten zwar solide, aber nicht immer perfekt, und nicht jede Anwendung läuft stabil und flüssig.

Videos by heise

Die KI-Echtzeitübersetzung soll beispielsweise Gesprochenes sofort mit Untertiteln unterlegen. In der Vorführung funktionierte die Spracherkennung allerdings nicht oder nur mit erheblicher Latenz. Überzeugend war hingegen die Bilderkennung, die mehrere Gegenstände auf einem großen Tisch erkannte und betitelte oder auf Nachfrage den Spind mit der richtigen Nummer identifizierte und anzeigte. Auch der Formfaktor der kommenden Specs ist ein wichtiges Thema. Mit 226 Gramm ist die aktuelle Entwicklergeneration noch zu schwer und führt durch ihre klobige Bauform schnell zu schmerzhaften Druckstellen an Ohr und Nase. Snap bestätigte zwar eine kompaktere Bauweise für das nächste Gerät, äußert sich aber noch nicht zum finalen Design.

Wie wichtig die Veröffentlichung der Specs für das Unternehmen ist, zeigt sich auch in Snap-Chef Evan Spiegels kürzlich veröffentlichtem offenen Brief. Die kommende Generation der AR-Brille sei nicht nur ein neues Produkt, sondern entscheidend für die Zukunft des Konzerns. Nach enttäuschenden Werbeumsätzen im zweiten Quartal 2025 – das Wachstum fiel auf vier Prozent – sieht Spiegel die nächste Phase als "Crucible Moment", also als Belastungsprobe, die über Snap Inc. hinausweist.

(joe)