Blick ins Heft c’t 20/2025: IT-Giganten außer Kontrolle

Sieben US-Unternehmen dominieren die globale Infrastruktur. Wie sie Märkte dirigieren, den Planeten zerstören – und Europa sich abnabeln kann.

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Inhaltsverzeichnis

Hallo aus Hannover,

mit geschickten Verdrängungsstrategien haben sie sich unverzichtbar gemacht, mittlerweile kontrolliert eine Handvoll US-amerikanischer Tech-Konzerne einen Großteil der globalen digitalen Infrastruktur. Die Rede ist von den "Magnificent Seven" (M7), wie sie an den Börsen genannt werden. Zu diesem Kreis zählen Microsoft, Amazon, Apple, Alphabet, Meta, Nvidia sowie das Firmengeflecht von Elon Musk. Sie dominieren nicht mehr nur ihre angestammten Reviere wie Office-Software, Hardware, Betriebssystem oder Kommunikation, sondern verteidigen und erweitern ihre Monopole mit allen Mitteln: durch Daten, als Betreiber von Rechenzentren sowie mithilfe von KI-Systemen und -Algorithmen. Alle zusammen kommen mittlerweile auf einen Börsenwert von 18 Billionen Euro: also ungefähr so viel, wie sämtliche Unternehmen und Bürger der Europäischen Union innerhalb eines Jahres erwirtschaften.

Die bisher vor allem als lästig, aber kaum vermeidbar empfundene Abhängigkeit ist in rasantem Tempo zum systemischen Risiko geworden. Die Konzerne können schalten und walten, wie sie wollen: Sie erhöhen ihre Preise nach Belieben, beuten Mensch und Umwelt aus und ignorieren hiesige Gesetze. Ganz zu schweigen vom politischen Erpressungspotenzial, das die Trump-Regierung gerne als Hebel gegen EU-Staaten nutzt.

Zusammen mit meiner Kollegin Greta Friedrich und meinem Kollegen Hartmut Gieselmann habe ich recherchiert, wie es zu einer solchen Machtkonzentration kommen konnte, welche immensen Ressourcen Big Tech für sich beansprucht und wie europäischen Staaten die digitale Flucht nach vorne gelingen könnte.

Fast jedes Mitglied der Magnificient Seven hat in seinem Bereich eine marktbeherrschende Stellung erreicht. Sie haben Marktanteile von über 40 Prozent, womit sie Preise diktieren und die Konkurrenz kleinhalten können. Amazon kontrolliert allein in Deutschland 60 Prozent des Onlinehandels, einen großen Teil ihres Umsatzes müssen Händler in Form von Vermittlungs- und Abwicklungsgebühren direkt an den Marktplatzbetreiber abtreten, oft 30 bis 50 Prozent des Kaufpreises. Amazons Sortieralgorithmen bevorzugen Produkte, die die Einkünfte der Plattform maximieren; Sichtbarkeit lässt sich kaufen. Nach einem ähnlichen Muster funktionieren auch die App-Stores von Apple und Google oder Kommunikationsplattformen wie WhatsApp und Instagram: abgeschottete Systeme, die sich über Vermittlungsgebühren oder Werbevermarktung finanzieren und sich algorithmisch mithilfe von Nutzerdaten auf Profit optimieren lassen.

Bei Meta ist das Missverhältnis zwischen Abschöpfung und Ausschüttung besonders frappierend. 2024 erzielte der Konzern einen Gesamtumsatz von 165 Milliarden US-Dollar. Davon stammten 98 Prozent aus Werbung, als Gewinn verblieben 63 Milliarden US-Dollar. Davon schüttete Meta über die Creator-Programme nur zwei Milliarden US-Dollar an die Influencer und Content-Produzenten aus; also an diejenigen, die die Plattform mit Leben füllen.

Künstliche Intelligenz und der AGI-Mythos sind für all diese Konzerne ein besonders mächtiges Mittel zum Zweck, um das Geschäftsmodell zu erhalten, Investorengelder abzuschöpfen und der Gesellschaft Opfer abzuverlangen. Welchen Preis diese für das ungezügelte Plattformwachstum zahlen muss, hat meine Kollegin Greta Friedrich recherchiert. Denn der Wettlauf um das beste KI-Modell frisst enorme Mengen an Energie, Wasser und anderer Ressourcen, die allein schon für den Bau neuer Rechenzentren und die Produktion der dafür benötigten KI-Beschleuniger benötigt werden; vom energieintensiven Training und Betrieb ganz zu schweigen. Bis 2030 werden Unternehmen weltweit fast 7 Billionen US-Dollar in die Infrastruktur von Rechenzentren pumpen, schätzt die Boston Consulting Group.

Lokale Stromnetze sind für den steigenden Verbrauch oft nicht gerüstet, die Kosten für den Ausbau könnten auf kleinere Unternehmen und Verbraucher abgewälzt werden, befürchten Kritiker. Während Nachhaltigkeitsziele in den Hintergrund treten, veröffentlichen die Hersteller Studien zur Ökobilanz, die das wahre Ausmaß des Ressourcenverbrauchs verschleiern, etwa indem sie entscheidende Daten nicht berücksichtigen oder das Problem auf praxisferne Mengen herunterrechnen. Google beispielsweise verkündete kürzlich, dass ein einziger Gemini-Prompt nur ein paar Tropfen Wasser verbrauche.

Wer sich dieser Dynamik entziehen will, als Land oder ganzer Kontinent, muss sich von den digitalen Fußfesseln befreien. Digitale Souveränität zu erlangen, ist mühsam und verlangt ebenfalls Opfer, vor allem aber Engagement. Das Land Schleswig-Holstein wagt sich weit aus der Komfortzone und stellt derzeit seine komplette Verwaltung auf Linux beziehungsweise Open-Source-Software um. Die Schweiz demonstriert, wie man ein großes Sprachmodell trainiert, das mit EU-Gesetzen vereinbar ist und die Urheberrechte wahrt. Wir beleuchten diese und einige andere Entwicklungen hin zu mehr Eigenständigkeit.

(Bild: Martina Bruns/KI/heise medien)

Wussten Sie, dass Menschen täglich 10 bis 15 Minuten nach verlegten oder gestohlenen Gegenständen suchen und sich das gesamte Suchaufkommen auf zweieinhalb Jahre vergeudete Lebenszeit summiert? Wer Dinge nicht verschusselt oder Verschusseltes schnell wiederfindet, hat also definitiv mehr vom Leben. Dabei helfen nicht nur clevere Suchstrategien, sondern auch moderne Technik, allen voran Tracker für Gegenstände, Tiere und Fahrzeuge. Meine Kollegen Dušan Živadinović und Stefan Porteck geben einen Überblick über die Technik und haben viele spannende Fakten rund ums Vergessen, Verlieren und Suchen zusammengetragen.

Forscher setzen zum Beispiel künstliche Intelligenz ein, um die Bestände von Fundbüros zu katalogisieren. Mit Apps lassen sich diese automatisiert abklappern, auch Suchanfragen auf Social-Media-Plattformen haben zugenommen. Wahrnehmungspsychologen analysieren Suchstrategien bezüglich ihrer Wirksamkeit.

Bei Dingen, die gestohlen wurden, stoßen solche Ansätze naturgemäß an ihre Grenzen. Hier kommen Tracker ins Spiel. Damit bestückte Autos, Wohnwagen oder Fahrräder melden permanent ihren Standort ans Smartphone ihres Besitzers. Doch der Markt ist einigermaßen unübersichtlich, die Hersteller haben ihn mit Hunderten Tags für die unterschiedlichsten Zwecke überschwemmt. Wir erklären, wie die darin eingesetzten Funktechniken Bluetooth und Ultrabreitbandfunk (UWB) die Position ermitteln, beantworten Fragen rund um Stromverbrauch, Akkus, Laufzeit, Crowd-Netzwerke sowie Anti-Stalking-Funktionen und stellen Tags für die unterschiedlichsten Einsatzzwecke vor, vom verbaselten Schlüsselbund bis hin zum abtrünnigen Kater.

(Bild: Melissa Ramson/heise medien)

Unter den acht neuen Produkten, die Apple Anfang September ankündigte, dürfte das neue iPhone Air für den meisten Gesprächsstoff sorgen. Außerdem entwickelt der Konzern immer mehr Funkkäfer selbst.

Banken in der Eurozone müssen ihren Kunden ab dem 9. Oktober ausgehende Echtzeitüberweisungen anbieten und bei allen Überweisungen Namen und IBAN abgleichen. Das soll Betrug eindämmen, ist aber kein Allheilmittel.

Das chinesische Unternehmen Rokid bringt im November eine smarte Brille auf den Markt, die sowohl Fotos und Videos aufnimmt als auch als Übersetzer, Navi und Teleprompter dienen kann. c’t konnte sie schon ausprobieren.

Teure Abos, schlechte Vergütung, KI-Spam: Viele Nutzer haben keine Lust mehr auf Spotify. Wir erklären die Kritik, zeigen Alternativen und helfen beim Umzug.

Die Trump-Regierung sanktioniert ihr unliebsame Wissenschaftszweige, streicht Forschungsprojekten die Förderung und zieht Datenbanken den Stecker, deren Inhalte nicht ins republikanische Weltbild passen. Internationale Initiativen versuchen, Forschungsdaten vor der Vernichtung zu retten.

Der neue PC ist fertig zusammengebaut, doch es erscheint kein Bild. Was nun? Wir geben Tipps zur Selbsthilfe, um Hardwareprobleme schnell zu lösen.

Welcher sparsame Mini-PC ist besser? Gegen den Lenovo ThinkCentre Neo 50q mit ARM-Chip von Qualcomm tritt Asus’ NUC 15 Pro mit Intel-CPU an.

Quantencomputer sind kein Traum der Zukunft, sondern schon heute Realität – und jeder kann darauf zugreifen. Mit dem auf Python basierenden Open-Source-Framework Qiskit können Sie kostenlos auf echten Quantencomputern von IBM rechnen. Wir zeigen, wie es geht.

(Bild: Jessica Nachtigall/KI/heise medien)

(atr)