Amazon investiert Milliarden in Deutschland

Mehr als 100 Standorte hat Amazon in Deutschland. Die Firma gibt Milliarden aus, um beim Online-Handel und Clouddiensten mitzumischen.

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Amazon

(Bild: Ioan Panaite/Shutterstock.com)

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Amazon setzt deutlich stärker auf Deutschland als zuvor. 2024 seien hierzulande rund 14 Milliarden Euro investiert worden und damit etwa zwei Milliarden mehr als im Jahr 2023, teilte das US-Unternehmen in München mit. Für das Geld gebaut wurden unter anderem neue Standorte in Horn-Bad Meinberg (NRW), Dummerstorf (Mecklenburg-Vorpommern) und Erfurt (Thüringen). Seit 2010 seien Investitionen über insgesamt etwa 90 Milliarden Euro gestemmt worden.

Zu den geplanten Ausgaben für 2025 und 2026 wollte sich Deutschlandchef Rocco Bräuniger nicht konkret äußern, sagte aber: "Wir werden weiter sehr, sehr stark investieren." In Bietigheim (Baden-Württemberg), Könnern (Sachsen-Anhalt) und Rohr (Bayern) sollen bald neue Logistikzentren entstehen. "Wir müssen nah beim Kunden sein", sagt der Manager, dessen Firma verstärkt auch auf "Same Day Delivery" setzt: Manche Produkte können am Nachmittag bestellt werden und sind noch am Abend desselben Tages beim Kunden.

Amazon beschäftigt laut eigenen Angaben in Deutschland inzwischen rund 40.000 Beschäftigte und damit 4.000 mehr als ein Jahr zuvor. Sie sind in Logistik-, Sortier- und Entwicklungszentren sowie an anderen Standorten tätig. Hinzukommen noch Zusteller, die als Subunternehmer Pakete für Amazon ausfahren.

Amazon betreibt außerdem Entwicklungsstandorte, an denen an der Verbesserung der Dienstleistung getüftelt wird. Am Aachener Standort wird weiter am Sprachassistenten Alexa getüftelt. "Unter anderem geht es um Sprachverständnis – dass Alexa Sächsisch genauso gut versteht wie Bayerisch und Norddeutsch", sagt Amazon-Deutschlandchef Bräuniger.

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Die Cloud-Sparte des US-Konzerns, Amazon Web Service (AWS), hat bis 2026 Investitionen über 8,8 Milliarden Euro in ihre Infrastruktur in der Region Frankfurt angekündigt. Das Beispiel AWS verdeutlicht das wachsende Interesse des US-Konzerns an Deutschland, wo es im Zeitraum 2014 bis 2023 9,6 Milliarden Euro in Rechenkapazitäten und andere Bereiche investierte. Nun wird ein ähnlich hoher Betrag nicht mehr in zehn Jahren ausgegeben, sondern in nur drei Jahren.

Amazon ist mit großem Abstand Marktführer, zu den deutlich kleineren Konkurrenten gehört der Hamburger Online-Händler Otto. Schätzungsweise 60 Prozent des Online-Handels in Deutschland entfallen auf den US-Riesen. Die Marktmacht ist so groß, dass Wettbewerbshüter Amazon kritisch beäugen und auch in Deutschland schon mehrere Verfahren eingeleitet haben – das Bundeskartellamt misst der Firma eine "überragende" marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb bei.

Für Amazon werden KI-Anwendungen immer wichtiger. So können Verbraucher sich Produktrezensionen anderer Käufer zusammenfassen lassen oder nach einem speziellen Thema fragen. In den USA stellte das Unternehmen laut einem Bericht des Wall Street Journal kürzlich einen KI-Assistenten für Unternehmen vor, die ihre Waren über Amazon – also den Amazon-Marktplatz – verkaufen. Das KI-Tool soll den Unternehmern die Arbeit erleichtern und etwa selbstständig Ware nachbestellen, wenn sich in einem Amazon-Lager allmählich die Bestände leeren. Außerdem soll die KI Befehle zur Lagerung oder Preisänderung erteilen.

Zudem soll der KI-Assistent Werbemaßnahmen für Produkte einleiten. Der Konzern hat einen Chatbot-ähnlichen Kreativassistenten vorgestellt, der nahezu komplette Kampagnen automatisiert erstellen kann. Das neue Werkzeug ist laut Wall Street Journal Bestandteil des Creative Studio, das sämtliche generativen KI-Tools von Amazon bündeln und über die Ads-Konsole zugänglich sein soll. Damit will Amazon kleine und mittelständische Unternehmen besser für Amazon-Werbung gewinnen. Auf Knopfdruck lassen sich Werbeideen entwickeln oder anpassen, darunter Skripte, Bilder, Videos und sogar Sprachaufnahmen. So könne etwa ein virtueller Clip erzeugt und im Detail angepasst werden, wird Jay Richman, Vice President für Produkt und Technik bei Amazon Ads, vom Wall Street Journal zitiert.

Die damit erzeugten Inhalte lassen sich nicht nur im Amazon-Shop, sondern auch auf Prime Video, externen Partnerplattformen wie Roku, Disney oder seit Kurzem auch Netflix ausspielen. Erste Tests mit Werbekunden liefen laut WJS bereits. Amazon versehe die KI-generierten Inhalte mit sichtbaren Wasserzeichen und lässt sie zudem durch eine automatisierte Moderation auf Verstöße prüfen. Langfristig will der Konzern die Lösungen demnach auch größeren Unternehmen anbieten. Kunden sollen dabei entscheiden können, wie viel Autonomie der KI-Assistent bekommt. In Deutschland soll das KI-Tool in den nächsten Monaten erscheinen.

(mack)