Wikimedia Deutschland professionalisiert sich

Ein hauptberuflicher Geschäftsführer soll die Handlungsfähigkeit des Vereins sichern.

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Von
  • Torsten Kleinz

Der Verein Wikimedia Deutschland befürwortete auf seiner Vereinsversammlung in Frankfurt am Main einstimmig eine Satzungsänderung, die den Weg zur Gründung einer Geschäftsstelle freimacht. Das Büro des gemeinnützigen Vereins soll im Sommer öffnen, ein hauptberuflicher Geschäftsführer soll die Handlungsfähigkeit des Vereins sichern, der zur Förderung der Projekte rund um die freie Enzyklopädie Wikipedia gegründet worden war.

In der Einladung zur Vereinsversammlung gab sich Wikimedia Deutschland selbstkritisch: "Zahlreiche vielversprechende Möglichkeiten zur Förderung Freien Wissens – unter anderem aus den Bereichen Mittelakquise, Partnerschaften, Durchführung und Förderung von Projekten – müssen derzeit aufgrund der hohen Arbeitsbelastung ungenutzt bleiben, und selbst notwendige Arbeiten können nur noch bedingt erledigt werden." Angesichts des Wachstums und der Bedeutung des Projekts erforderten viele Aufgaben heute kontinuierliche Aufmerksamkeit, wichtige Anfragen müssten schnell und verlässlich beantwortet werden. Mit rein ehrenamtlichen Mitarbeitern allein sei dies nicht mehr zu leisten.

Um die Arbeitsfähigkeit in Zukunft gewährleisten zu können, sucht der Verein einen erfahrenen Geschäftsführer, der die Wikimedia-Geschäftsstelle aufbaut. Bei der Bewerbersuche setzt der Verein auf klassische Kommunikationswege: die Stellenanzeige wurde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Zeit veröffentlicht. Wikimedia veranschlagt für das Jahr 2006 Kosten in Höhe von 60.000 Euro, im kommenden Jahr sollen 80.000 Euro in die Geschäftsstelle investiert werden. Der Geschäftsführer soll gemäß dem Bundesangestelltentarif IIa bezahlt werden. Zu seinen Aufgaben gehören neben Verwaltungsaufgaben auch die Organisation von Kooperationen und neuen Einnahmequellen. Seine Einnahmen bezieht der deutsche Verein aus Spenden; er ist auch an den Einnahmen aus Verkäufen von Wikipedia-DVDs und anderen Produkten beteiligt.

Bei der Wikimedia Foundation mit Sitz in Florida beschreitet man ebenfalls organisatorisch neue Wege. Nachdem schon im vergangenen Jahr die Anstellung neuer hauptamtlicher Mitarbeiter beschlossen worden war, werden die Entscheidungswege innerhalb der Community neu geordnet. Das Board of Trustees, das von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales geleitet wird, gibt einige Kompetenzen an neu gegründete Arbeitskreise ab, die sich aus Mitgliedern der Wikipedia-Community zusammensetzen.

Auch international gibt es Bewegung. Im Februar wurde in Großbritannien mit der Wiki Educational Resources Limited ein eigenständiger Ableger der Wikimedia gegründet. Nach Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Serbien-Montenegro ist dies die sechste lokale Organisation, die sich um die Belange der freien Enzyklopädie kümmern will. Wie genau die Kompetenzen dieser nationalen Ableger im Vergleich zu der bisher allmächtigen Wikimedia Foundation sein werden, muss sich noch herausstellen. In einem Interview gab sich Jimmy Wales in der vergangenen Woche optimistisch: Die Organisation bewege sich nicht auseinander, vielmehr würden Community und die Foundation in den Entscheidungsprozessen integriert. (Torsten Kleinz) (gr)