"Silent Hill f" angespielt: Das Horror-Comeback des Jahres
Mit "Silent Hill f" wagt Konami einen Neustart in Japan und trifft mit einer persönlichen Reise durch eine zerbrechliche Teenager-Seele genau ins Schwarze.
"Silent Hill f" ist der erste Ableger der beliebten Horror-Reihe seit dreizehn Jahren – entsprechend hoch sind die Erwartungen.
(Bild: Konami)
"Silent Hill f" tritt ein schwieriges Erbe an. "Silent Hill" und seiner gefeierten Fortsetzung gelang es um die Jahrtausendwende, das Survival-Horror-Genre mit überraschend vielschichtigen Erzählungen und ernsten Themen neu zu denken. Über die Jahre entglitt sich die Reihe in ihren insgesamt vierzehn Ablegern und Spin-offs aber irgendwann selbst und verlor sich in Belanglosigkeit. Nach dem letzten vollwertigen Teil, "Silent Hill: Downpour“ (2012), und Hideo Kojimas nie erschienenem "Silent Hills“ (2014) musste die Fangemeinde bis zum Oktober 2022 warten, als Konami plötzlich mehrere neue Projekte ankündigte. Neben der furchtbaren interaktiven Serie "Silent Hill: Ascension" und dem hervorragenden "Silent Hill 2 Remake" stand mit "Silent Hill f" vor allem der erste wirklich neue Serienteil seit mehr als zehn Jahren im Fokus und damit die Frage: Weiß Konami mit seinem eigenen Erbe umzugehen?
Frisches Setting im Kampf mit sich selbst
"Silent Hill f" bewegt sich auf ungewohntem Terrain. Statt verrosteter Industriehallen und verlassener westlicher Ferienregionen führt der neue Teil in ein von roten Spinnenlilien überzogenes japanisches Bergdorf der 1960er-Jahre. Zwar ist ein weiblicher Hauptcharakter nichts Neues in Silent Hill – schon im dritten Ableger von 2003 litten Spieler zusammen mit Heather Mason –, wohl aber die Rolle eines Teenagers. Die junge Hinako muss sich in "Silent Hill f" nicht nur mit grotesken Mutationen, sondern auch mit den Erwartungen ihrer Umgebung, einer Gesellschaft im Wandel und dem Erwachsenwerden auseinandersetzen und steht dabei ihren gestandenen Vorgängern sowohl spielerisch als auch erzählerisch in nichts nach.
Der Einstieg in Hinakos Geschichte verläuft serientypisch ruhig und mysteriös. Nach einem Streit mit dem herrischen Vater tasten wir uns langsam durch eine Welt, die von inneren wie äußeren Zerfallsprozessen geprägt ist. Hinakos Heimatdorf ist plötzlich wie ausgestorben und von einem schweren Nebel überzogen. Es wirkt wie eingefroren zwischen Tradition und Moderne – uralte Tempel treffen auf Werbetafeln, die eindeutige Rollenbilder präsentieren: Echte Männer trinken Bier, echte Frauen tragen Schminke. Solche Slogans wirken nicht wie Kulisse, sondern wie ein Angriff auf Hinakos Identität.
Silent Hill f (5 Bilder)

Konami (Screenshot: joe)
)Hinako selbst ist keine typische Horror-Protagonistin. Schnell entwickelt sich ein nachvollziehbarer Konflikt, der nicht nur Hinakos Selbstbild, sondern auch das ganze Dorf zu erschüttern scheint. Ihre Freundinnen betiteln sie schon früh beiläufig als "Verräterin" – zunächst als Scherz, später bitterernst. Der Umgang der Kinder dient als Gerüst für eine spannend voranschreitende Geschichte, die Spieler durch zwei Welten trägt. Wo dabei Realität beginnt und Fiktion endet, wird nie so richtig klar.
Ăśberleben mit KĂĽchenmesser und Fokusleiste
Spielerisch setzt "Silent Hill f" auf eine Mischung aus Erkundung, Rätseln und Nahkampf und bleibt somit der Serie treu. Es bietet aber neue Schwerpunkte. Statt Pistolen oder Gewehren nutzt Hinako improvisierte Waffen wie das klassische Eisenrohr, Küchenmesser, Sicheln oder einen Baseballschläger. Diese verschleißen mit der Zeit und müssen entweder ersetzt oder mit einem der seltenen Werkzeugsets repariert werden. Spieler müssen ihre Waffen also immer mit Bedacht einsetzen. Ist das letzte Eisenrohr zerborsten, bleibt nur noch die Flucht. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad finden sich allerdings stets genügend Prügel, wodurch das System etwas seinen Reiz verliert.
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In der Anderswelt findet Hinako hingegen traditionelle und haltbare japanische Waffen, wie sie sonst eher Samurai führen würden. Ein zentrales Element der Kämpfe ist das sogenannte "Fokus-System". Je mehr Hinako psychisch unter Druck gerät, desto stärker sinkt ihre Handlungsfähigkeit. In Momenten hoher Angst friert sie kurzzeitig ein, kann weder kämpfen noch ausweichen. Diese Mechanik funktioniert als unmittelbare Rückmeldung auf euer Verhalten: Wer unvorsichtig spielt, riskiert eine Eskalation der Lage – nicht durch Lebenspunkte allein, sondern durch Kontrollverlust. Das erzeugt eine eigene Art von Spannung, wie sie in aktuellen Horrorspielen selten zu finden ist.
Auf den ersten Blick erinnern Ausweichsprünge, Konterfenster und Ausdauerleiste an bekannte Mechaniken aus dem Soulslike-Genre. Doch "Silent Hill f" spielt sich deutlich träger und vorsichtiger. Die Kämpfe sind nicht auf Sieg ausgerichtet, sondern auf das Überleben. Gegnergruppen können oft umgangen werden und häufig ist das auch die bessere Wahl. Wer hingegen offensiv vorgeht, muss präzise planen, wann man ausweicht, zuschlägt und wann man besser den Rückzug antritt.
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Grafisch wirkt "Silent Hill f" solide, ohne spektakulär zu sein. Die Umgebungen sind detailliert gestaltet. Besonders das Dorf mit seinen engen Gassen, verwitterten Holzhäusern und langsam verfallenden Schreinen vermittelt eine stimmige Atmosphäre. Das Monsterdesign ist vor allem im Widerspruch von Ästhetik und Grauen verankert. Zerstückelte Puppen mit an High-Heels erinnernden Klingen an den Beinen, Schüler, die zu grausig lächelnden Vogelscheuchen verzerrt werden, gesichtslose Mutationen und scheußlich zusammengeflickte Fleischklumpen sorgen für ordentlich Body-Horror. Musik und Geräuschkulisse setzen stark auf traditionelle Instrumente und natürliche Umgebungsgeräusche. Das sorgt für eine konstante, unterschwellige Bedrohung, ohne auf laute Effekte zurückzugreifen.
Zwischenfazit
"Silent Hill f" ist kein schneller Horrortrip, sondern eine langsame, fast literarisch erzählte Reise durch psychische Abgründe. Wer auf klassische Survival-Horror-Elemente hofft, wird hier bedient, sollte sich aber auf einen deutlich introspektiveren Ton einstellen. Das Kampfsystem ist durchdacht und das beste, das die Reihe bisher erlebt hat. Kleinere Kameraprobleme in engen Gassen trüben den Gesamteindruck kaum. Auch in Sachen Rätsel-Design weiß "Silent Hill f" zu überzeugen und schafft in den 13 Stunden, die wir bisher erlebt haben, eine nahezu perfekte Balance zwischen Ruhephasen, Erzählung und Action.
Wer an psychologischem Horror mit kulturellem Tiefgang interessiert und bereit ist, sich auf die persönliche Reise der Hauptfigur einzulassen, dann lohnt sich ein Blick auf "Silent Hill f". Wer hingegen ein actionreiches Schocker-Feuerwerk erwartet, sollte lieber auf "Resident Evil Requiem" warten. Eines ist jedoch klar: Silent Hill ist zurück und Konami hat mit Entwickler NeoBards und Horror-Autor Ryukishi07 die perfekte Konstellation für einen gelungenen Neustart der Reihe gefunden.
Silent Hill f erscheint am 25. September 2025 fĂĽr PC, Playstation 5 und Xbox Series X/S. Der Preis liegt bei 80 Euro auf allen Plattformen und die Altersfreigabe ist ab 18 Jahren.
(joe)