FS-5000-Geigerzähler für Maker und Neugierige

FS-5000 ist ein günstiger Geigerzähler für Experimente und Umweltmonitoring. Dank alternativer Open-Source-Firmware auch mit guter Bedienung.

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Geönneter Geigerzähler

(Bild: heise medien)

Update
Lesezeit: 6 Min.

Kernphysik ist ein faszinierendes Gebiet auch jenseits der schlimmen Bedrohungen durch atomare Katastrophen, Kriege und Endlager. Die Beschäftigung mit der Materie steigert das Verstehen und Einordnen von den realen Gefahren und wie man sie vermeidet. Dazu muss man messen und das war bisher teuer oder ungenau. Durch die Mikrocontrollertechnik werden die Detektoren einfacher abzulesen und so für Laien brauchbar. Ein solches Gerät ist der preiswerte Bosean FS-5000, den es direkt aus China für unter 60 Euro gibt.

Für diesen Preis gibt es dann ein Gerät (Hersteller Website), das eine günstige, aber brauchbare Detektor-Röhre (Geiger-Müller-Röhre, hier vom Typ J321) besitzt, die letztlich viel der Leistung bestimmt. Aber Achtung, es gab in der Vergangenheit schon (baugleiche?) Geräte, die mit schlechteren Röhren geliefert wurden. Ich habe mein Gerät für knapp über 50 Euro bei einem Ali Express Shop der eine J321 verspricht, gekauft. Und natürlich habe ich das Gerät sofort geöffnet und tatsächlich stimmt das bei meinem Gerät.

(Bild: Bosean)

Ausgestattet mit einem STM-Ultra-Low-Power-Mikroprozessor und 2,4-Zoll- TFT-LCD-Bildschirm erkennt der Zähler Röntgen- (X), Beta- und Gamma-Strahlung.

Die Messbereiche sind für die Praxis jenseits von feinster natürlicher Radioaktivität und einem Atomunfall sinnvoll: Dosisleistung von 0,1 μSv/h bis 50 mSv/h, maximale Dosisäquivalentrate 10 mSv/h mit einer Sensitivität von 80 cpm/μSv für Co-60. Durch die Detektion von Röntgenstrahlung auch ein Gerät, das man mal bei Röntgenuntersuchungen mithaben kann oder bei Flügen in den Urlaub ...

Der Zähler bietet akustische, optische und Vibrationsalarme mit einstellbaren Schwellwerten. Zeigt in Echtzeit Dosisratenkurven an, speichert die kumulative Dosis im Speicher (bis zu einem Jahr, s.u.) und verfügt über einen Lipo-Akku mit 1800 mAh, der im Normalbetrieb fast zwei Wochen hält und mit weniger Messungen pro Zeiteinheit fast 30 Tage. Über den USB-C-Anschluss kann man das Gerät laden, Messdaten übertragen und wenn man eine alternative Firmware (s.u.) benutzt, auch die Firmware aktualisieren.

Mit den Abmessungen von 127 × 65 × 27 mm und nur 145 g Gewicht ist er ideal für den mobilen Einsatz als persönlicher Strahlungsdetektor. Ich habe schon die Gegend erkundet, mögliche "Hotspots" sind hier Granite (in Pflastern und etwa Grabsteinen), komische grüne Gläser ("Uranglas") auf dem Flohmarkt, die Mineraliensammlung eines Verwandten (bei der erstmals der Alarm losging) oder alte Bahnhöfe in Berlin, wo die Glasur der Fliesen deutlich strahlender ist. Hierzu muss ich aber sagen, dass es für wissenschaftlich interessierte Personen schnell zu einem "Rabbit Hole" werden kann.

Im Auslieferungszustand ist der FS-5000 schon ein gutes Gerät, die Bedienung (etwa, um das "Ticken" auszuschalten) und die Präsentation der Daten ist aber teils umständlich und die Menüführung ist schlecht. Aber es gibt Abhilfe, wenn man sich zutraut, etwas zu basteln.

Die Hardware ist robust, alle Schrauben sind in Messingschraubhülsen geführt, die Platine ist sauber aufgebaut und Experten zufolge ist auch die Hochspannungserzeugung solide. Das Zählrohr liegt an der rechten Seite, und die Öffnungen sorgen dafür, dass auch schwächere Betastrahlung auf das Zählrohr treffen können. Mit etwas Kapton-Tape kann man diese Schlitze abdecken und so dem Eindringen von Staub und Schmutz vorbeugen. Das dünne Kapton-Band wird die Betas ggf. leicht abschwächen, aber wir messen hier ja eher im Vergleich und um ein Gefühl für die Materie zu bekommen.

Rad Pro ist eine alternative Firmware für verschiedene Geigerzähler (u.a. den Bosean FS-5000), die deutlich mehr Funktionen bietet als die Standardsoftware. Sie ermöglicht erweiterte Datenanalyse mit historischen Trends, Datenlogging, Livestreaming an den Computer und Online-Plattformen sowie anpassbare Alarmsysteme. Zusätzlich enthält sie etwa einen kryptografischen Zufallsgenerator für Passwörter und Würfelspiele – eine ungewöhnliche, aber interessante Zusatzfunktion für Geigerzähler.

ST-Link Programmieradapter, der Header zum Anschluss ist eingelötet. Unten die GM-Röhre.

Um die Firmware Radpro (Version 3.0.2 aktuell) auf das Gerät zu bekommen, muss es aufgeschraubt werden, damit man an den SWD-Programmierport herankommt. Zum Programmieren benötigt man einen ST-LINK-V2-USB-Dongle (oder Kopien) und die ST-Treiber. Möchte man auf Nummer Sicher gehen, so lötet man Pins ein, man kann die Kabel aber auch mehr oder weniger kreativ festklemmen. Vor allem mit Versorgungsspannung und GND/Ground sollte man sich aber keine Fehler leisten. Mit billigen Kopien (wie natürlich meinem) kann es sein, dass die Skripte nicht funktionieren, hier muss man dann ein paar Schritte ins (Software-)Archiv und die Einstellungen für eine ältere Version benutzen. Eine weitere Fehlerquelle ist, dass man den OK/On-Knopf permanent während des Flashens halten muss.

Videos by heise

Nach diesem Flashen kann das Gerät übrigens geschlossen bleiben, die neue Firmware lässt sich ab sofort per USB-Anschluss bequem mit einem Web-Flasher updaten! Danach muss man ggf. das Gerät konfigurieren und falls es ein anderes GM-Zählrohr hat, auch dies in den Settings festlegen. Das Prozedere ist aber gut dokumentiert und dank der viel besseren Navigation in den Menüs auch entspannter.

Nun kann man 202.500 Datenpunkte speichern. Bei 20 cpm (Counts per Minute, normale Umgebungsaktivität) bedeutet das z.B. 4220 Tage Messungen alle 60 Minuten, 23 Tage bei Messungen alle 10 Sekunden, oder 56 Stunden bei einem Sekunden-Intervall.

Die Bedienung (bei einem anderen Modell) kann man mit einem Radpro-Simulator im Netz anschauen.

Update: Alpha-Beta-Verwechselung bereinigt. (caw)