Souveräner mit Air-Gap: Cisco stellt Portfolio für EU-Kunden um
Immer mehr US-Anbieter versprechen EU-Kunden digitale Souveränität. Cisco ist jetzt auch mit dabei und kündigt ein entsprechendes Portfolio an.
(Bild: Anucha Cheechang/Shutterstock.com)
- Benjamin Pfister
Netzwerkausrüster Cisco will mit neuen Angeboten dem Verlangen der europäischen Kunden nach digitaler Resilienz und Souveränität entgegenkommen. Mit "Sovereign Critical Infrastructure" kündigt der Hersteller nun ein anpassbares Air-Gapped-Portfolio für Kunden in Europa an, die spezifische Anforderungen an den Aufbau einer eigenen lokalen, souveränen Infrastruktur haben. Diese soll sowohl Hardware- als auch Softwarelösungen umfassen. Damit sollen Kunden wieder mehr Kontrolle über ihre Infrastruktur erhalten.
Zuvor hatte der Hersteller neue Produkte zunehmend in die Cloud verlagert und auch eine Lizenzprüfung über die Cloud eingeführt. Damit gab es quasi einen "Kill-Switch" für die Infrastruktur der Kunden in der Hand eines US-amerikanischen Unternehmens. Im Gegensatz zu diesem sogenannten "Smart Licensing" des Herstellers, bei dem die Komponenten entweder direkt oder indirekt mit dem Cloud-Lizenzportal des Herstellers Kontakt aufnehmen müssen, ist das neue Angebot für den Betrieb in einer Air-Gap-Umgebung vorgesehen. Das soll Kundenbedenken vor einer Abschaltung von Diensten durch Cisco aus der Ferne zerstreuen. Gleichzeitig bleibt es aber bei einem Abomodell für die Produkte.
Keine Feature-Parität zwischen Cloud und Air-Gap
Die Kunden in Europa hätten verstärkt souveräne Lösungen angefragt, was auch bereits auf der diesjährigen Hausmesse Cisco Live in San Diego ein Thema war. CEO Chuck Robbins erklärte, Kunden wollten nicht "von der Gnade jedweder Art von Entscheidungen abhängig" sein. Damit spielte er wohl auf die aktuelle politische Lage an. Als potenzielle Kunden nennt Cisco öffentliche Verwaltung, Banken und Fertigungsbetriebe.
Cisco Sovereign Critical Infrastructure kann von Kunden oder deren Cisco-Partner als lokale Bereitstellung entsprechend ihren Anforderungen und unter ihrer Verwaltung in eigenen Räumlichkeiten betrieben werden. Zudem will Cisco seinen Kunden ermöglichen, Compliance-Anforderungen mit EU- und länderspezifischen Zertifizierungen und Standards zu erfüllen. Demnach sind die meisten Produkte Common Criteria zertifiziert, und es gibt bereits einen klaren Fahrplan zur Erlangung der neuen Cybersecurity-Zertifizierung der Europäischen Union (EUCC).
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Das souveräne Portfolio soll sich über alle Kernprodukte und die Produktgruppen für Routing, Switching, WLAN, Sicherheit und Collaboration und Observability erstrecken. Konkrete Auflistungen von angebotenen Produkten gab Cisco jedoch noch nicht bekannt. Auf Nachfrage von iX benannte Cisco, dass keine komplette Feature-Parität zwischen Cloud und Air-Gapped-Umgebungen bestehe, da diese schneller in der Cloud ausgerollt seien. Die wichtigen Features wären aber in der Air-Gapped-Variante verfügbar.
Selbst verwaltete Verschlüsselung
Dafür ließe sich das Portfolio individuell an die Sicherheits- und Compliance-Anforderungen anpassen, wie beispielsweise durch vom Kunden selbst verwaltete Verschlüsselung. Somit verbleibt die Datenhoheit direkt beim Kunden. Das soll auch in hybriden Umgebungen möglich sein, die neben vollem Feature-Umfang bei Cloud-basierten Diensten ein hohes Maß an lokaler Kontrolle benötigen.
Mit dem neuen Portfolio reagiert Cisco auf vermehrte Kundenanfragen, was sehr zu begrüßen ist. Gleichzeitig bleibt jedoch abzuwarten, welche Produkte konkret und jeweils mit welchen Funktionen sie bereitstehen. Auch die monetären Auswirkungen für Kunden und Patchprozesse sind bisher unklar. Das Portfolio soll bereits verfügbar sein und über Partner oder Cisco direkt bezogen werden können.
(axk)