Cannabis-Legalisierung: Geringer Handlungsbedarf, Kritik an Onlineplattformen

Zur Auswirkung der Teillegalisierung gibt es erste Forschungsergebnisse. Der Umfang der Zweckentfremdung von Medizinalcannabis bleibt unbekannt.

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Person möchte Cannabis konsumieren und hält dafür ein Blättchen und getrocknete Blätter.

(Bild: Thought Catalog/Unsplash)

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Seit April 2024 sind Anbau, Besitz und Konsum von Cannabis in Deutschland legal. Doch statt der damals eingeführten Cannabis Clubs hat sich eine andere legale Quelle aufgetan. Lediglich 0,1 Prozent des Gesamtbedarfs an Cannabis kam 2024 aus den privaten Anbauvereinen, bis zu 14 Prozent wurden hingegen durch Medizinalcannabis gedeckt. Das dürfte auch an der leichten Zugänglichkeit über telemedizinische Onlineplattformen liegen.

Es erscheine "plausibel", dass ĂĽber Onlineanbeiter "durch die liberalen Regelungen im MedCanG Medizinalcannabis in Teilen auch fĂĽr nicht-medizinische Zwecke bezogen und konsumiert wird", heiĂźt es im ersten Zwischenbericht des Forschungsprojekts Ekocan, das die Teillegalisierung wissenschaftlich begleitet. Erste Ergebnisse dieser Evaluation stellten die Forscher am 29. September 2025 in Berlin vor.

Das parallel zum Konsumcannabisgesetz reformierte Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) senkt die Hürden für eine ärztliche Verschreibung. Seit 2024 ist Cannabis kein Betäubungsmittel mehr, Ärzte dürfen es über ein normales Rezept verschreiben. Außerdem muss Cannabis nicht mehr die "ultima ratio" nach Ausschöpfung aller anderen Therapien sein. Das hat zu einem Anstieg der Verschreibungen über spezialisierte Onlineplattformen wie Bloomwell und Dr. Ansay geführt

Nutzer füllen dort online einen Fragebogen zu Beschwerden wie Schlafstörungen oder Stress aus und erhalten in der Regel ohne persönlichen Arztkontakt ein Rezept. Dieses wird digital an eine Versandapotheke übermittelt, die das Cannabis per Post liefert. Für die Nutzer ist der Prozess legal, solange sie keine falschen Angaben machen. Allein bei Bloomwell sei die Zahl der Bestellungen seit April 2024 "um den Faktor zehn" gestiegen, sagte Geschäftsführer Julian Wichmann heise online.

Der genaue Umfang der Zweckentfremdung von Medizinalcannabis zu Genusszwecken ist laut dem Ekocan-Bericht unbekannt. Eine eindeutige Trennung zwischen medizinischen Nutzern und Freizeitkonsumenten sei ohnehin "in vielen Fällen nicht möglich". Die Autoren gehen davon aus, dass auch Patienten vom illegalen Schwarzmarkt zu legalen Verschreibungen gewechselt sind.

Den Zugang über telemedizinische Verschreibungen möchte das Bundesgesundheitsministerium mit einer Verschärfung des Medizinalcannabisgesetz (MedCanG) deutlich einschränken. Ärzte sollen Cannabis nicht mehr remote, sondern nur nach persönlichem Kontakt verschreiben dürfen.

Den vorliegenden Referentenentwurf kommentierten die Teilnehmer der Pressekonferenz nicht, da der Fokus der Evaluation auf dem Konsumcannabis liege. Jakob Manthey vom Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) kritisiert allerdings die Werbung im öffentlichen Raum. Gegen Anbieter wie Dr. Ansay und Bloomwell wurden wegen möglicher Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz bereits mehrfach Klagen eingereicht.

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Die Evaluation gebe "keinen Anlass, das Gesetz wieder restriktiver zu gestalten", sagte Bloomwell-Mitgründer Niklas Kouparanis heise online. Er kritisiert die vorgeschlagene Anpassung des MedCanG losgelöst von der Evaluation des KCanG, die "erkrankte Menschen basierend auf einem gefühlten Missbrauch, in Wirklichkeit komplett willkürlich und rein aus ideologischen Gründen, wieder in die Illegalität" drängen würde.

Insgesamt sei hinsichtlich des Genusskonsums von Cannabis eingetreten, was alle Experten erwartet hätten, "nämlich relativ wenig", sagte Mathey. Ein sprunghafter Anstieg des Cannabiskonsums sei nicht erkennbar. "Die vorliegenden Ergebnisse lassen bis jetzt keinen dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf die untersuchten Bereiche erkennen", lautet die Schlussfolgerung des Ekocan. Allerdings sind alle Ergebnisse vorläufig. Das Projekt läuft noch bis April 2028. (dzi)