US-Bürgerrechtler klagt auf Herausgabe von Flugpassagierdaten

Edward Hasbrouck vom kalifornischen Identity Project will die Offenlegung von Daten erzwingen, die von der US-Grenzschutzbehörde als sogenannte Passenger Name Records (PNR) über ihn angelegt wurden. Ziel: Die Dokumentation des Ausmaßes der Überwachung Reisender.

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Edward Hasbrouck vom kalifornischen Identity Project will die Einsicht in Flugpassagierdaten, welche die US-amerikanische Zoll- und Grenzschutzbehörde über ihn gespeichert hat, nach wiederholten Anfragen auf Basis von Informations- und Datenschutzgesetzen jetzt gerichtlich erzwingen und so das Ausmaß der Überwachung Reisender offenlegen. Der Bürgerrechtler, der Reise- und Technologiebücher verfasst und sich als modernen Nomaden und Vielflieger bezeichnet, hat dazu am gestrigen Mittwoch Klage (PDF-Datei) gegen die Regierungsinstitution vor einem Bundesgericht in San Francisco mithilfe des First Amendmend Project eingereicht. Einwirken will Hasbrouck mit dem Schritt auch auf die europäische Debatte über die Verlängerung eines Abkommens zur Weitergabe von Passenger Name Records (PNR) an die USA.

Dem Kläger zufolge hat die US-Regierung nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 eine "Schleppnetzfahndung" aufgebaut, durch die ohne richterliche Kontrolle Reisedaten und andere personenbezogene Informationen unverdächtiger Bürger massenweise gesammelt und ausgewertet werden. Der US-Grenzschutz betreibe dafür als Unterabteilung des Department of Homeland Security (DHS) etwa das Automated Targeting System (ATS) und "No Fly"-Listen, um Risikoabschätzungen vorzunehmen. Um die Erhebung von Fluggastdaten herum habe sich zudem eine Industrie angesiedelt, die PNR für Marketingzwecke ohne jegliche Zugriffskontrolle durchsiebe.

Edward Hasbrouck während einer Chile-Reise

(Bild: Edward Hasbrouck)

Hasbrouck hat nach eigenen Angaben seit 2007 mehr oder weniger erfolglos versucht, seine bei Fluggesellschaften und staatlichen Einrichtungen gespeicherten Daten über eigene Reisen auf Basis des Freedom of Information Act (FOIA) sowie des Privacy Act zu erhalten. Die Grenzschutzbehörde habe ihm zwar Auszüge aus seiner Akte zukommen lassen, die aber größtenteils geschwärzt und "offensichtlich unvollständig" gewesen seien. Ein im vergangenen Herbst eingelegter Widerspruch gegen den Bescheid sei bis jetzt unbeantwortet geblieben. Der Bürgerrechtler verlangt daher nun die komplette Herausgabe der über ihn gespeicherten Daten sowie die Erstattung von Anwalts- und Gerichtskosten.

Zur Begründung führt der Kläger an, dass die Buchungssysteme von Fluggesellschaften und die damit verknüpften Flugpassagierdaten nicht nur Namen und Anschrift von Reisenden, sondern auch sensible Informationen wie Kreditkarten- und Telefonnummern, IP-Adressen, besondere Essenswünsche, Hotelzimmer oder mitgeführte Bücher enthielten. Darüber hinaus habe die US-Regierung bereits versucht, die im US-Datenschutzgesetz vorgesehenen Auskunftsrechte in PNR-Fällen einzuschränken. Nicht zuletzt will Hasbrouck aufzeigen, dass Washington entgegen eigener Versicherungen gegenüber der EU keineswegs alle Anfragen von US-Bürgern nach den Reisedaten erfolgreich beantwortet und in jedem Fall Zugang zu den Akten gewährt habe. Auch sei unzutreffend, dass dem Datenschutzbeauftragten des DHS keine diesbezüglichen Beschwerden vorlägen.

Das EU-Parlament soll im Herbst über die Zukunft der gegenwärtigen PNR-Abkommen mit den USA und anderen Ländern entscheiden. Vielen Abgeordneten sind die "Massenübertragungen" von Passagierdaten an das DHS ein Dorn im Auge. Bislang gelten die mit dem Privacy Act für US-Bürger festgeschriebenen Auskunftsrechte für Betroffene in Europa faktisch nur auf dem Papier. Auch die Klagerechte etwa gegen Flugverbote sind laut Hasbrouck für EU-Bürger eingeschränkt. Die rechtliche Situation ist zumindest so unübersichtlich wie bei den Bankdaten aus dem SWIFT-Finanznetzwerk. Hier soll das im Juli erneuerte transatlantische Abkommen zum Austausch von Überweisungsinformationen EU-Bürgern eigentlich Auskunftsrechte gegenüber dem US-Finanzministerium an die Hand geben. Praktisch laufen diese bislang aber komplett ins Leere. Daten von Bankkunden, die quasi als "Beifang" bei den US-Behörden landen, gelten zudem als "anonym" und sind von Auskünften generell ausgenommen. (pmz)