Buchkritik: Künstliche Intelligenz und der neue Faschismus

Rainer Mühlhoff blickt kritisch auf den Hype um künstliche Intelligenz und zeigt, wie eng Tech-Ideologien mit Macht und neurechter Politik verwoben sind.

26.10.2025, 08:00 Uhr

Lesezeit: 2 Min.

c't Magazin

Von

Henri Wagner

Dem Phänomen "künstliche Intelligenz" kann auch in politisch geprägten Debatten niemand mehr aus dem Weg gehen. Wenn es nicht gerade als apokalyptischer Angstmacher auftritt, preisen Gewinninteressierte die Technik als Effizienz- und Produktivitäts-Booster. Immer leistungsfähigere Modelle entstehen. In den USA wollen Verantwortliche durch KI nicht bloß Bürokratie abbauen, sondern auch Verwaltungskräfte ersetzen. Aber welche Machtverteilung geht mit einem KI-Staat einher?

Rainer Mühlhoff ist Professor für Philosophie an der Uni Osnabrück. Sein Buch spekuliert nicht über die Zukunft maschineller Intelligenz und bereichert die Flut der Prophezeiungen nicht um weitere. Stattdessen versucht er, einen Schritt zurückzutreten, durchzuatmen und den dominierenden emotionalen Stimmen nüchtern zu begegnen – das gelingt ihm. Zwar steigt der Autor im Mittelteil bisweilen sehr tief in die Differenzierung Tech-naher Ideologien ein, doch insgesamt zieht sich ein klarer roter Faden durch seine Ausführungen.

Im ersten Teil deckt Mühlhoff analytisch die mit der technischen Entwicklung schon heute einhergehenden Missstände auf. Die gravierendsten sieht er in globalen Machtgefällen und struktureller Diskriminierung, die aus der Funktionsweise von KI resultieren. Anschließend schlägt er, in akademischem Ton, aber technisch nicht anspruchsvoll, den Bogen zur Politik. Dabei schreibt der Autor unverblümt, "unsere rechtsstaatlichen Demokratien" seien "aktuell speziell durch das Zusammenspiel von Tech-Ideologien und ultrarechten Kräften in Gefahr". Er trägt viele Indizien zusammen, die das Gedankengut dieser Bewegungen spätestens im letzten Kapitel als faschistisch entlarven.

Die Gemengelage aus globalen Playern, rechten Bestrebungen und wirtschaftlichen Umwälzungen ist nicht leicht zu überblicken. Mühlhoff ermutigt dazu, eine gesunde Skepsis zu entwickeln. Er nimmt diese auf und verwandelt sie in eine Warnung: "Das futuristisch-populäre Bild von KI und die Tech-Ideologien, die dahinterstehen, tragen die Idee einer […] faschistischen Indienstnahme von KI-Technologie bereits in sich."