"VMwar" zwischen Microsoft und VMware

Die beiden Konkurrenten im Cloud-Segment beharken sich während der VMworld: Microsoft warnt Kunden vor einer Vertragsverlängerung mit VMware, und VMware-Chef Maritz sieht schon lange mehr keine wesentlichen Innovationen bei den Redmondern.

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Von
  • Harald Weiss

Nachdem Microsoft-Chef Steve Ballmer auf der weltweiten Partnerkonferenz im Juli die totale Cloud-Strategie ausgerufen hat, lassen die Redmonder nichts unversucht, um zumindest verbal bei dem Thema ganz oben zu stehen. "Wir sind besser und billiger als VMware, und wir sind der weltweit größte Cloud-Provider“, sagte damals Bob Muglia, Microsofts Präsident für Server & Tools.

VMware ist einer der erklärten Cloud-Konkurrenten von Microsoft. Das liegt nicht nur an den Produkten, sondern auch daran, dass VMwares CEO Paul Maritz einst viele Jahre bei Microsoft in Diensten stand. Unter seiner Regie gewann Microsoft die Browser-Schlacht gegen Netscape, und jetzt ist die Situation genau umgekehrt: Er ist dafür verantwortlich, dass VMware im Bereich Virtualisierung nicht das gleiche Schicksal ereilt, das er als Microsoft-Manager einst Netscape zufügte.

Doch das ist offensichtlich ein hartes Stück Arbeit. Genau zu der Zeit, in der Maritz seine diesjährige Eröffnungs-Keynote auf der VMworld begann, erschien in der amerikanischen Tageszeitung "USA Today" eine ganzseitige Kampf-Anzeige von Microsoft (Listenpreis 120.400 Dollar). In einer Art offenem Brief wurden darin die VMware-Kunden vor einer Vertragsverlängerung mit VMware gewarnt.

"Ein Dreijahresvertrag mit VMware knebelt dich an einen Lieferanten, der nicht in der Lage ist, die notwendige Technologie, Flexibilität und Skalierung zu liefern, die für eine komplette Cloud-Umgebung erforderlich ist", schrieb Microsofts Server-Chef Brad Anderson und verwies darüber hinaus auf die hohen Kosten der VMware-Plattform im Vergleich zu Microsofts Hyper-V und System Center. Sein Rat an die VMware-Kunden war kurz und klar: "Bevor du irgendetwas bei VMware unterschreibst, prüfe die Microsoft-Produkte, die es bereits gibt, und vergleiche sie mit dem, was VMware irgendwann einmal liefern will."

Maritz wusste oder ahnte zumindest, dass Microsoft außerhalb des Keynote-Saals schwere Geschütze auffahren ließ, und so nutzte er die Chance, dass ihm die 17.000 Teilnehmer im Saal eine Stunde lang aufmerksam zuhören wollten. Nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung" schoss Maritz eine volle Breitseite gegen Windows ab: "IT-Innovationen finden schon seit Langem außerhalb des Betriebssystems statt. Bei Windows gibt es seit 20 Jahren praktisch keine wesentlichen Innovationen mehr." Dagegen ist laut Maritz Virtualisierung besonders innovativ, denn das sei eine neue, wesentlich intelligentere Abstraktionsebene bei der Kommunikation von Anwendungen mit der Hardware.

Dieser Philosophie folgend präsentierte VMwares Entwicklungs-Chef Steve Herrod dann VMwares aktuelle Arbeiten im Bereich Desktop-Virtualisierung. Unter dem Codenamen Horizon arbeitet man an einer Version, bei der sich von jedem beliebigen Endusergerät aus auf die eigenen Applikationen zugreifen lässt. In einer Vorführung während der Keynote erfolgte das mit einem Wyse-Thin-Client, einem iPad und einem Smartphone.

"Der Enduser nutzt heute verschiedene Geräte, die nur noch selten Windows-basiert sind. Trotzdem will er stets und überall auf seine Standardapplikationen zugreifen", sagte Herrod über den geplanten Funktionsumfang. Das erinnerte einerseits stark an das, was Citrix anbietet, doch im Gegensatz dazu war bei der VMware-Demo keine Windows-Oberfläche erkennbar. Welches Betriebssystem hierbei zum Einsatz kommen soll, hat VMware bislang noch nicht verraten, doch Windows scheint nicht zur engeren Wahl zu gehören.

Nach der Keynote wurde Maritz in der anschließenden Pressekonferenz mit der Anzeige in "USA Today" konfrontiert. Er versuchte die Sache mit Humor zu nehmen: "Das zeigt doch, wie wichtig uns Microsoft nimmt." Außerdem: "Wenn Microsoft uns vorwirft, dass wir proprietär sind, dann sollten sie sich zunächst an die eigene Nase fassen." Die anderen beiden Faktoren, nämlich Kosten und Leistungsumfang, wollte er nicht ansprechen. Vermutlich deshalb, weil Microsoft hier tatsächlich die Nase vorn hat.

Das war übrigens beim Browserkampf zwischen Netscape und dem Internet Explorer ähnlich: Auch damals wurde von Microsoft der Leistungsumfang immer schneller nach oben geschraubt, bis Netscape nicht mehr mithalten konnte. Übrigens hatte Netscape ebenfalls argumentiert, dass man bald kein Betriebssystem mehr benötigt, sondern nur noch einen Browser. Microsoft dagegen drehte das Argument um und machte den Browser zum integrierten Bestandteil des Betriebssystems.

Hier ist die neue Parallele zu sehen: In einer Microsoft-Erwiderung auf Maritz' Attacken gegen Windows sagte deren Virtualisierungsmanager Mike Neil: "Unser Ansatz zur Virtualisierung beginnt beim Betriebssystem, denn wir betrachten den Hypervisor und die zugehörigen Tools nicht als eine übergeordnete Ebene, sondern nur als Teil des Betriebssystems.“ (ane)