(Hör-)Literatur aus dem Internet

Die Hörbuchverlage trauen den Möglichkeiten des Internet nicht so recht über den Weg, sehen aber das weltumspannende Medium als lukrativen weiteren Vertriebsweg.

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Von
  • Arnd Petry
  • dpa

Der Boom der Hörbücher hält an -- und hat auch das Internet erreicht: Bis Freunde des gelesenen Wortes die Bestseller der Weltliteratur aber in großem Stil aus dem Datennetz laden und auf MP3-Player oder Handy hören können, wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Die Hörbuchverlage trauen den Möglichkeiten des weltumspannenden Mediums noch nicht so recht und basteln zunächst an gemeinsamen Standards, wie zurzeit bei der Buchmesse in Frankfurt deutlich wird.

"Wir wollen die Fehler der Musikindustrie vermeiden", sagt Yasmin Alinaghi, Sprecherin des Arbeitskreis Hörbuchverlage im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Der Arbeitskreis wolle sich beim Thema Hörbuch-Download daher für sichere Abrechnungssysteme und wirksamen Piraterieschutz durch ein elektronisches Wasserzeichen einsetzen. Ziel ist es ebenfalls, einen gemeinsamen technischen Standard für alle Anbieter anzubieten. Ein zentrales Downloadportal aller Verlage ist laut Alinaghi nicht geplant.

Auch mit Schnäppchen aus dem Internet sollten Hörer nicht rechnen: "Ein Preis-Dumping wird es nicht geben", so Yasmin Alinaghi. Marc Sieper von Lübbe Audio rechnet damit, dass Hörbücher aus dem Internet beim Preis maximal 20 Prozent unter ihren verpackten Gegenstücken aus dem Buchgeschäft liegen werden -- vom Preis eines Taschenbuches sind sie damit noch weit entfernt. Im Laden werden laut Sieper derzeit Hörbücher mit fünf bis sechs CDs für rund 25 bis 30 Euro gehandelt. "Das ist ungefähr der Preis für ein Hardcover." Die Preisspanne bei Hörbüchern reiche aber -- je nach Titel, Verpackung und Zusatzmaterial -- von 1 bis zu 499 Euro.

Wie viele Titel künftig online verfügbar sein werden, ist noch Spekulation -- sind sich die Branchenkenner doch noch nicht einmal sicher, wie viele Hörbücher derzeit überhaupt in Deutschland angeboten werden. Das Problem sei die Definition, meint Sieper. Bei Belletristik und Sachbüchern komme man auf rund 8000 Titel. "Zählt man Benjamin Blümchen und Sprachlernprogramme dazu, sind es viel mehr."

Zwar hoffen die Hörbuchverlage über das Internet neue Lesergruppen ansprechen zu können, doch von Web-Euphorie kann keine Rede sein. In den USA, wo Hörbücher schon seit längeren zum Download bereitstehen, beträgt ihr Anteil am Gesamtmarkt nach Angaben von Marc Sieper lediglich zwei bis drei Prozent. Anders als bei Fachliteratur sei das Stöbern nach Belletristik ein Spontangeschäft, bei dem das sinnliche Erleben besonders wichtig ist, erklärt Rudolph Braun-Elwert, Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Und dieses finde nur im Buchladen statt: Das Auge entscheidet mit, wenn es gilt, vor dem Gang zur Kasse den Daumen zu heben oder zu senken. Der Verpackung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Sie ist Yasmin Alinaghi zufolge sogar für viele Hörbuchkäufer ein Argument gegen den Download: "Möchte man einen Link verschenken oder ein Hörbuch?" (Arnd Petry, dpa) / (jk)