Telefónica erwägt Neubelebung der Beziehungen zu 1&1
Nach dem Aus von Markus Haas erwägt Telefónica ein Revival der Beziehungen zu United Internet. Eine engere Zusammenarbeit, gar eine Übernahme, seien denkbar.
(Bild: Jose Miguel Sanchez/Shutterstock.com)
Nach der vorzeitigen Abberufung des CEO Markus Haas von Telefónica Deutschland erwägt der spanische Mutterkonzern, die Beziehungen mit 1&1 wiederzubeleben. Bei dem Neuaufbau der Beziehungen zwischen den Unternehmen seien sowohl eine engere Zusammenarbeit als auch langfristig gar eine Übernahme denkbar, wie das Handelsblatt von drei mit der Sache vertrauten Personen erfahren hat. Die Gespräche zwischen den beiden Konzernen befänden sich noch in einem frühen Stadium, und ein Scheitern sei nicht ausgeschlossen.
1&1 und Telefónica mit Problemen
Laut dem Bericht des Handelsblatts haben sowohl 1&1 als auch Telefónica Probleme: 1&1 habe Probleme beim Aufbau seines eigenen 5G-Mobilfunknetzes, während Telefónica eine geringe Netzauslastung zu beklagen hat und die Wachstumsaussichten angesichts der begrenzten Möglichkeiten der eigenen Marke O2 als gering gelten.
Dem Insiderbericht zufolge sei man bei Telefónica der Auffassung, dass es wenig sinnvoll sei, ohne 1&1 gegen die beiden großen Mitbewerber im deutschen Mobilfunknetz, Vodafone und Deutsche Telekom, anzutreten. 1&1-Chef Ralph Dommermuth hatte 2023 eine langjährige Netz-Partnerschaft mit Telefónica aufgekündigt und im August 2024 durch eine neue Vereinbarung mit Vodafone ersetzt. Durch diese wechseln bis Ende dieses Jahres rund 12 Millionen Mobilfunkkunden ins Netz von Vodafone. Der Verlust des Großkunden 1&1 an den Wettbewerber Vodafone werde konkret Haas angelastet. Bisher hat Telefónica Deutschland dies trotz neuer Partnerschaften wie mit Freenet nicht kompensieren können.
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Mit der Ablösung von Haas gegen einen neuen CEO für Telefónica-Deutschland könnte eine Vereinbarung mit 1&1 einfacher vonstattengehen, da das Verhältnis mit United-Internet-Gründer Dommermuth als angespannt gilt. So schreibt Robert Grindle von der Deutschen Bank in einer Analyse, der anstehende Wechsel des Managements "deutet darauf hin, dass eine Einigung mit 1&1 leichter möglich wird".
Für den Analysten James Ratzer von New Street Research ist klar, dass es kaum einen besseren Kapitaleinsatz für Telefónica gebe, als 1&1 zu kaufen. "Aber die entscheidende Frage ist, ob Dommermuth bereit ist, einen Deal zu machen", sagte Ratzer. Dem Gründer von United Internet gehe es um sein eigenes Vermächtnis.
Nach Berechnungen von Ratzer und seinem Kollegen Ben Rickett ergebe der Aufbau eines vollwertigen Mobilfunknetzes für 1&1 betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Im Juni 2025 verfügte das eigene Mobilfunknetz von 1&1 über 1200 Antennenstandorte, Analysten schätzen, dass der Konzern in Deutschland bis 2031 bis zu 12.500 Standorte betreiben könnte. Doch diese würden nur reichen, um etwa die Hälfte des Datentransfers einzusparen. Zum Vergleich: Telefónica verfügt in Deutschland über 28.000 Standorte.
Kein Kommentar
Andere Analysten hielten eine Übernahme von 1&1 durch Telefónica "für realistisch oder sinnvoll". So warne Ottavio Adorisio von der Investmentbank Bernstein, "dass 1&1 an der Börse derzeit bereits hoch bewertet sei – mit einem Unternehmenswert von rund dem Zehnfachen des operativen Gewinns (Ebitda: Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) und etwa dem 22-Fachen des operativen freien Cashflows für das Jahr 2026". Um 1&1-Aktionären ein attraktives Angebot zu unterbreiten, müsste Telefónica "einen deutlichen Aufschlag zahlen – und würde damit einen Großteil der möglichen Synergien wieder verlieren," so das Handelsblatt.
Nach Angaben des Handelsblatts wollte sich ein Unternehmenssprecher von United Internet nicht zum Insiderbericht äußern, sagt jedoch, dass der Netzaufbau vorankomme. Telefónica und die deutsche Landesgesellschaft lehnten ebenso eine Stellungnahme ab.
Offizielles seitens der beiden Netzbetreiber gibt es also abseits der Planspiele noch nicht. Eine Übernahme durch Telefónica werfe zudem kartellrechtliche Fragen auf, da es dadurch wieder nur drei Netzbetreiber in Deutschland geben wird. Eilig dürfte es 1&1 mit möglichen Verhandlungen nur bedingt haben, da der Netzbetreiber mit dem Roaming-Deal mit Vodafone zunächst solide aufgestellt ist.
Auf der anderen Seite dürfte die Stimmung zwischen United Internet und Vodafone getrübt sein: Das Bundeskartellamt wirft Vodafone vor, den Netzaufbau von 1&1 kartellrechtswidrig behindert zu haben. Das könnte erklären, warum 1&1 trotz der laufenden Vodafone-Partnerschaft offen für Alternativen sein könnte.
(afl)