Microsoft will Dissidenten vor falschen Piraterie-Vorwürfen schützen

Microsoft zeigt sich besorgt, dass die russische Polizei den Vorwurf, nicht-lizenzierte Software einzusetzen, dazu genutzt haben soll, die Rechner von Dissidenten und Bürgerrechtsgruppen zu beschlagnahmen und Aktivisten mundtot zu machen. Man wolle keinesfalls zur Dissidenten-Verfolgung wegen angeblicher Software-Piraterie beitragen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Microsoft zeigt sich besorgt über einen Bericht, nachdem die russische Polizei den Vorwurf, nicht-lizenzierte Software einzusetzen, dazu genutzt habe, die Rechner von Dissidenten und Bürgerrechtsgruppen zu beschlagnahmen und Aktivisten mundtot zu machen. Der Chef-Justiziar von Microsoft, Brad Smith, erklärte in einem Blog-Eintrag, er wolle eines eindeutig klarmachen: Microsoft verurteile alle Versuche, Rechte am geistigen Eigentum zu benutzen, um politische Gruppen zu unterdrücken oder unzulässige persönliche Vorteile zu erzielen.

Die New York Times hatte berichtet, ein Beispiel für die Aktionen der russischen Polizei, bei denen angebliche Raubkopien als Vorwand für Durchsuchungenund Beschlagnahmungen dienten, sei die Umweltschutzgruppe Baikal Environmental Wave. Deren Räumlichkeiten seien im Januar von Polizisten auf der Suche nach illegaler Microsoft-Software durchsucht worden; die Gruppe versicherte allerdings, die Microsoft-Software legal erworben und installiert zu haben. Daneben habe es in den vergangenen Jahren noch einige andere Fälle gegeben, in denen Büros von Aktivisten oder oppositionellen Medien durchsucht und Computer beschlagnahmt worden seien, ohne die sie ihre Arbeit kaum erledigen können.

Der Microsoft-Justiziar betonte nun, man werde schleunigst Maßnahmen ergreifen, um möglichst jeden Anreiz und jede Möglichkeit auszuschließen, solche Aktionen durchzuführen. Smith zeigte sich auch besorgt darüber, dass laut dem Bericht Microsoft-Anwälte in Russland keineswegs zur Aufklärung der Sachverhalte beigetragen, sondern die Angelegenheit noch verschlimmert hätten. Der erste Schritt sei sehr klar: "Wir müssen die Verantwortung übernehmen für unsere Anti-Piraterie-Aktionen, im Guten wie im Schlechten." Eine internationale Anwaltskanzlei, die bislang nicht in Microsofts Aktionen gegen illegale Softwarekopien involviert war, soll den Konzern nun beraten, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um solche Vorfälle zu verhindern.

Es reiche aber nicht, darauf zu warten. Zwei Maßnahmen will Microsoft daher sofort ergreifen: Erstens sollen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) Microsoft-Software unter einer neuen Lizenz bekommen können, die klarstellt, dass die NGOs kostenlose, legale Kopien von Microsoft-Produkten einsetzen. Das soll durch ein Programm ergänzt werden, durch das NGOs juristischen Beistand bekommen, um die Rechtmäßigkeit ihres Softwareeinsatzes zu beweisen. Zweitens will Microsoft Schritte unternehmen, dass Dritte nicht behaupten können, sie gingen im Auftrag Microsofts gegen Software-Raubkopien vor.

"Unser Ziel ist es, Raubkopien und Fälschungen von Software zu verringern. Und wir wollen das auf eine Art tun, die fundamentale Menschenrechte respektiert", betonte Smith. Keine der Maßnahmen gegen illegale Softwarekopien dürfe als Vorwand genutzt werden, um Jagd auf NGOs, Zeitungen oder andere Mitglieder der Zivilgesellschaft zu machen. "Wir wollen ganz sicher nicht zu solchen Bestrebungen beitragen, auch nicht unabsichtlich." (jk)