Abermals neuer NTFS-Treiber für Linux vorgestellt

Ein erfahrener Kernel-Hacker hat den Dateisystem-Treiber "ntfsplus" vorgestellt, der Schwächen bisheriger Lösungen vermeidet, aber keinen Freifahrtschein hat.

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Ein Pinguin guckt, vor Wasser

(Bild: heise online / dmk)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Zu drei quelloffenen NTFS-Treibern für Linux mit mittleren oder größeren Schwächen gesellt sich mit "ntfsplus" jetzt ein weiterer, der alle vorangegangenen in den Schatten zu stellen verspricht. Der neue stammt von Namjae Jeon und ist ein Kernel-Treiber auf Basis des ersten und bei Linux 6.9 aus dem Kernel entfernten Treibers. Noch ist aber vollkommen unklar, ob oder wann der neue Treiber zum Zugriff auf das Standard-Dateisystem von Windows in den Kernel einzieht: Andere Linux-Entwickler müssen diesen erst begutachten und die Aufnahme abnicken.

Einerseits stehen die Chancen recht gut dabei, denn Namjae Jeon weiß, was er da macht: Er war federführender Entwickler beim im Kernel enthaltenen exFAT-Treiber und dem Kernel-eigenen SMB3-Server (KSMB3); er betreut beide Lösungen auch weiterhin. Sein Wissen zeigt sich bei ntfsplus, das viel der von modernen Linux-Dateisystemen genutzten Infrastruktur des Kernels nutzt. Das dürfte auch ein Grund sein, warum der ntfsplus-Treiber laut dem Entwickler bessere Performance liefern soll als der aktuelle NTFS-Treiber des Linux-Kernels namens ntfs3. Auch der Funktionsumfang ist weitreichender, daher laufen mehr Tests der von den Kernel-Entwicklern geschätzten Dateisystem-Testsuite.

Andererseits umfasst ntfsplus allerlei Code, daher wird die Begutachtung kein Kinderspiel. Vor allem vermeiden die Linux-Entwickler normalerweise die Aufnahme eines neuen Ansatzes, der einen älteren für die gleiche Aufgabenstellung über kurz oder lang ersetzen soll; stattdessen drängen sie normalerweise nachdrücklich darauf, bestehende Ansätze inkrementell zu verbessern. Beim ursprünglich von Paragon eher unabhängig vom Kernel entwickelten ntfs3 gab es aber schon eine Ausnahme, da der signifikant besser war als der alte NTFS-Treiber ntfs. Letzterer war ein eher rudimentärer Ansatz, der lediglich experimentelle Unterstützung zum Schreiben auf NTFS bot. Als Kernel-Treiber versprach ntfs3 zugleich Vorteile gegenüber dem auf FUSE (Filesystem in Userspace) aufbauenden Treiber ntfs-3g.

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Es bleibt abzuwarten, wie der Aufnahmeprozess verläuft. Für ntfsplus dürfte dabei sprechen, dass es mit ntfs3 etwas unrund läuft und Distributionen vielfach noch auf das ältere ntfs-3g setzen – das bei näherem Hinsehen aber auch einige Schwächen offenbart. Namjae Jeon scheint auf jeden Fall sehr hinter der Sache zu stehen und will die Dateisystem-Werkzeuge zum Reparieren und Administrieren von NTFS-Volumes verbessern sowie vollen Journaling-Support bei Kernel-Treiber implementieren. Weitere Details zum Ganzen liefert die Ankündigung zu ntfsplus auf der Linux-Kernel-Mailingliste.

(dmk)