Von Smartphones und Runderneuerungen: "Nokia ist zurück"

260.000 Smartphones verkauft Nokia. Täglich. Also mehr als Android-Geräte oder iPhones abgesetzt werden. Und doch wirkt Nokia wie ein angeschlagener Riese. Auf der Nokia World möchte der scheidende starke Mann von Nokia, Anssi Vanjoki, eine Art Selbstheilung zelebrieren.

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Nokias auf der Nokia World vorgestellte Symbian^3-Smartphones

(Bild: Nokia)

"Nokia ist zurück", wirft sich Anssi Vanjoki in die Brust, nachdem er die neuen Symbian^3-Geräte in seiner Keynote der Nokia World in London vorgestellt hatte. Zurück von wo eigentlich? 260.000 Smartphones verkauft Nokia. Täglich. Von Android-Geräten werden täglich rund 200.000 aktiviert, erklärte Google vor Kurzem, Apple dürfte derzeit täglich rund 140.000 iPhones verkaufen.

Und doch scheint Nokia angezählt. So hatte Nokias starker Mann Vanjoki gerade erst seine Demission eingereicht. Sechs Monate Kündigungsfrist hat er noch, und er will bis zum letzten Tag bei Nokia blieben und dann, nach zwanzig Jahren bei der Firma mal etwas anderes machen. Man darf vermuten, dass er keine Lust hat, sich die (Mobilfunk-)Welt von Ex-Microsoft-, Ex-Juniper-, Ex-Adobe-, Ex-Macromedia-Manager Stephen Elop erklären zu lassen. So zelebrierte Vanjoki einmal mehr seine neuen Geräte, die er in der für ihn typischen Art aus verschiedensten Taschen seines Anzugs zauberte.

Die neuen Geräte folgen alle einer gemeinsamen Design-Linie. Aber vor allem laufen sie alle unter Symbian^3, einer Plattform, die Nokia unter der Oberfläche runderneuert hat. Dem ersten Anschein nach bleibt alles beim Alten. Man muss das Telefon schon benutzen, um die Unterschiede zu spüren. Genau das forderte Vanjoki von den Kritikern, die nach seinen Worten ein Auto bereits nach Ansehen des Armaturenbretts beurteilen wollen.

Nokia bemüht sich sichtlich um die Entwickler. Mit Operator Billing, also der Abrechnung von Ovi-Einkäufen über die Mobilfunkrechnung, sollen Anwendungsentwickler höhere Umsätze in Ländern erwirtschaften, in denen Kreditkarten unüblich sind. Das gilt nächstes Jahr auch für Einkäufe innerhalb der Apps. Während bei den direkten Store-Umsätzen von Apple bis Nokia eine Aufteilung von 70 Prozent für den Entwickler und 30 Prozent für den Store üblich ist, verlangen die Operator einen eigenen Anteil, und zwar keineswegs alle den gleichen. Nokia egalisiert dies nun durch einen 60/40-Split der Umsätze für Operator Billing. Das bedeutet, dass Nokia auf eigene Umsätze verzichtet, um einen vorhersehbaren Beitrag zu erreichen.

Es wird nicht leicht für Nokia, das iPhone von der Pole Position auf dem Weihnachtswunschzettel zu vertreiben. Das wird nicht zuletzt durch die Software entschieden. Apple hat als erster seine iPhone-Werbung auf Apps umgestellt. Auch Nokia will dies in Zukunft tun und damit sein Smartphone Ökosystem anschieben. Die Entwickler will Nokia sanft auf die Qt-Plattform schieben und damit der Fragmentierung von Symbian entgegenwirken. Anwendungen sollen auf verschiedensten Versionen laufen, indem Nokia die erforderlichen Runtimes zur Verfügung stellt. Das ist nicht zuletzt für MeeGo wichtig, für das Nokia derzeit noch keine Geräte vorstellt. Mit entsprechenden Ankündigungen ist noch vor Jahresende zu rechnen.

Und dann steht ja auch noch Symbian^4 für nächstes Jahr ins Haus. Bis dahin will Nokia 50 Millionen Geräte mit Symbian^3 verkaufen. Und die werden sich weder auf MeeGo noch auf Symbian^4 aufrüsten lassen. Man darf gespannt sein, welche neuen Akzente der neue CEO ab nächster Woche setzen wird. Olli-Pekka Kallasvuo, intern nur OPK genannt, war zur Nokia World schon gar nicht mehr angetreten. Was hätte er auch verkünden sollen? (jk)