Österreich: Neuer Vorstoß in Sachen Urheberrechtsabgabe

Sieben österreichische Verwertungsgesellschaften wollen ab Oktober Urheberrechtsabgaben auf Festplatten verlangen. Die Zusatzkosten im Rahmen der sogenannten "Leerkassettenvergütung" sollen bis zu 44 Euro pro Neugerät betragen.

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Ab 1. Oktober verlangen sieben österreichische Verwertungsgesellschaften Urheberrechtsabgaben für in Verkehr gesetzte Festplatten. Die neuen Zusatzkosten für die "Leerkassettenvergütung" betragen 21,60 Euro (einfache Festplatte unter 500 GByte) bis 43,74 Euro ("Multimedia-Festplatte" über 750 GByte). Unter einer Multimedia-Festplatte wird dabei ein Speichergerät verstanden, das eigene Bedienelemente aufweist und beispielsweise ohne Inbetriebnahme eines PCs zur Musikwiedergabe animiert werden kann. Sollte sich der Händler vertraglich zur Zahlung der Gebühren verpflichten und damit auf seine Rechtsmittel dagegen verzichten, reduzieren sich die Beträge um ein Drittel ("Vertragstarif").

Die (wie üblich einseitig erfolgte) Ankündigung der neuen Tarife überrascht, da der Oberste Gerichtshof (OGH) des Landes 2005 und 2009 gegen urheberrechtliche Abgaben auf Festplatten respektive Computer entschieden hatte. 2009 hatte der OGH die Verwertungsgesellschaften Literar-Mechana und VBK in die Schranken gewiesen (4 Ob 225/08d). Sie hatten unter dem Titel der Reprographievergütung versucht, ebenfalls 21,60 Euro für jeden in Österreich in Verkehr gebrachten Computer zu verlangen. Die Reprographievergütung ist aber eine pauschale Entschädigung für legale Privatkopien auf Papier oder ähnlichen Trägern (Papyrus, Mikrofilm etc.). Aus Computern kommt jedoch kein bedrucktes Papier – dieses kommt aus Druckern und Kopierern, für welche die Verwertungsgesellschaften nach wie vor separate Gebühren erheben.

Nun versuchen die sieben Verwertungsgesellschaften Austro Mechana, Literar-Mechana, LSG, VAM, VBK, VDFS und VGR unter dem Titel der Leerkassettenvergütung mindestens 21,60 Euro je Festplatte zu erlangen. Dabei hielt der OGH 2005 fest (4 Ob 115/05y), dass für integrierte oder externe Festplatten für Notebooks und sonstige Personalcomputer kein Anspruch auf Leerkassettenvergütung besteht, da Festplatten in Computern "regelmäßig zu einem gewichtigen – und nicht zu vernachlässigenden – Teil für andere Zwecke als für Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch genutzt werden".

Doch seither, so das Argument der Verwertungsgesellschaften, hätten sich die Nutzungsgewohnheiten der User verändert. Es würden auf den PCs in Haushalten immer mehr legale Kopien urheberrechtlich geschützter Inhalte angelegt. Dies hätten Marktanalysen ergeben. Nur ein geringer Teil der gespeicherten Mediendateien sei online gekauft worden. Die von Literar-Mechana und VBK erhobenen Ansprüche für Texte sowie Bilder, die nicht auf Bild- oder Bildschallträgern festgehalten oder durch Rundfunk gesendet wurden, sind aus den neuen Tarifen ausdrücklich ausgenommen.

Ob Nutzer, die ihre Daten aus Sicherheitsgründen mehrfach speichern (etwa auf mehreren getrennten Festplatten oder in Form eines RAID) für dieselben Dateien mehrfach zur Kasse gebeten werden sollen oder ob sie beim Kauf angefallene Gebühren von der Austro Mechana zurückbekommen können, war kurzfristig nicht in Erfahrung zu bringen. Offen ist auch, ob beim Austausch einer alten Festplatte durch ein neues Speichermedium ohne Änderung der gespeicherten Dateien die alte Festplatte zur Gebührenerstattung eingereicht werden könnte.

Die Wirtschaftskammer Österreich will sich nicht abfinden mit den neuen Tarifen (PDF-Datei, S. 3, zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer). Sie fürchtet eine jährliche Belastung für die österreichischen IT-Händler in Höhe von 30 Millionen Euro und strebt eine neuerliche Entscheidung durch den OGH an. (pmz)