Bundesverfassungsgericht verbietet willkürliche Datenbeschlagnahme

Zwar erlaube die Strafprozessordnung die Durchsicht von Daten und die Beschlagnahme von Datenträgern. Zu beachten sei dabei aber auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Kommt es bei einer Durchsuchung mit anschließender Beschlagnahme von Datenträgern zu schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, kann dies ein Beweisverwertungsverbot zur Folge haben. Die gespeicherten Daten können dann in einem Strafprozess nicht berücksichtigt werden. Dies hat jüngst das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach einem nunmehr veröffentlichten Urteil (Az. 2 BvR 1027/02) entschieden.

Angerufen hatte das höchste deutsche Verfassungsgericht in Karlsruhe eine Anwaltskanzlei, nachdem deren Räume im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen einen der Partner wegen Verdachts von Steuerstraftaten durchsucht worden war. Die Staatsanwalt hatte zuvor beim Amtsgericht (AG) Hamburg einen entsprechenden Beschluss erwirkt und während der Razzia sämtliche elektronisch gespeicherten Daten aller Mandanten der gesamten Kanzlei durchgesehen und anschließend die Datenträger beschlagnahmt. Daraufhin legte die Kanzlei Beschwerde beim Amtsgericht ein und erhielt teilweise Recht. Die dann eingelegte Beschwerde seitens Staatsanwaltschaft beim Landgericht (LG) Hamburg hingegen bestätigte die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme aller Dateien.

Anders nunmehr die Karlsruher Verfassungshüter. Ihrer Auffassung nach stellt die Maßnahme einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Advokaten und seiner Mandanten dar. Zwar erlauben die Paragraphen 94 ff. der Strafprozessordnung (StPO) die Durchsicht von Daten und die Beschlagnahme von Datenträgern. Zu beachten sei dabei aber auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der bei der Durchsuchung nicht eingehalten worden sei. So müsse bereits bei der Durchsicht bedacht werden, dass auch personenbezogen Daten erkennbar werden, die in keiner Beziehung zum Tatvorwurf der Ermittlungen stehen. Diese für das Verfahren unerheblichen Daten müssen von den relevanten Informationen getrennt werden. Eine Sicherstellung von Datenträger scheide jedenfalls dann aus, wenn die verfolgte Straftat von geringem Gewicht ist und den auf dem Datenträger vermuteten Informationen wenig Beweiswert zukomme.

Da das Bundesverfassungsgericht ausschließlich über die Einhaltung von Grundrechten wacht und selbst keine Entscheidung in der Sache trifft, wurde das Verfahren an das zuständige Landgericht zurückverwiesen. Die hanseatischen Richter müssen nun unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG die Frage klären, ob hinsichtlich der Daten tatsächlich ein Beweisverwertungsverbot gegeben ist. (Noogie C. Kaufmann) / (jk)