EU-Parlament stimmt über Vorgehen gegen illegales Filesharing ab

Die Abgeordneten entscheiden am Mittwoch über einen Bericht zur "besseren Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte im Binnenmarkt". In der abschließenden Aussprache im Plenum hagelte es Kritik von vielen Seiten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 553 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Das EU-Parlament entscheidet am morgigen Mittwoch über einen Bericht zur "besseren Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte im Binnenmarkt" der französischen Konservativen Marielle Gallo. In dem vom Rechtsausschuss im Juni angenommenen Entwurf wird auf ein "enormes Wachstum unautorisierten Filesharings geschützter Werke" hingewiesen, das ein "zunehmendes Problem für die europäische Wirtschaft" sei. Als Gegenmaßnahmen werden Aufklärungskampagnen insbesondere für Jugendliche vorgeschlagen.

In dem Papier werden Strafvorschriften zur Bekämpfung von Copyright-Verstößen oder Produktfälschungen empfohlen. Einen entsprechenden Richtlinienentwurf (IPRED2) musste die EU-Kommission bisher immer wieder aufgrund ungeklärter Faktenlage und verfahrensrechtlicher Probleme zurückstellen.

Während der abschließenden Aussprache am Montagabend verteidigte Gallo in einem spärlich besetzten Plenarsaal in Straßburg das Vorhaben mit dem Verweis auf Anforderungen der Wissensgesellschaft. Mit dem Bericht müsse "eine größere Debatte über geistiges Eigentum" gestartet werden. Nur mit einem Gesetzesrahmen könnten Autoren, Kreative, junge Unternehmer und etablierte Firmen geschützt werden. Im Internet müssten dabei die gleichen Regeln gelten "wie in anderen Wirtschaftsbereichen".

Gallo erntete auch in den eigenen Reihen der Europäischen Volkspartei (EVP) nicht nur Beifall. Ein Abgeordneter sprach zwar von einem "ausbalancierten" Vorstoß, der auf Prävention ausgerichtet sei und durch den es Verbrauchern ermöglicht werde, kreative Werke zu einem angemessenen Preis zu kaufen. Zuzana Roithová, EVP-Berichterstatterin im Verbraucherschutzausschuss, beklagte dagegen, dass die Empfehlungen ihres Gremiums komplett übergangen worden seien. Es sei zwar richtig, die vor allem aus Asien stammenden Produktfälschungen zu bekämpfen, Downloads im privaten Umfeld dürften aber nicht mit einbezogen werden. Vor allem dürften Schulhöfe nicht kriminalisiert werden.

Die österreichische Grüne Eva Lichtenberger monierte, die Nutzer müssten ständig fürchten, "ins Gefängnis zu kommen". Christian Engström von der schwedischen Piratenpartei kritisierte, dass vor weitreichenden Beschlüssen zunächst die Auswirkungen von Filesharing besser erforscht werden müssten. Die Grünen haben zusammen mit den Sozialdemokraten einen alternativen Entschließungsantrag eingebracht. Damit sollen allein "gewinnorientierte" und Urheberrechtsverletzungen in gewerblichem Maßstab verurteilt werden. Zudem schlagen sie vor, Ansätze wie die Kulturflatrate zu prüfen. Die Liberalen lehnen es ab, Filesharing im privaten Bereich freizugeben und eine weitere Vergütungspauschale einzuführen. Sie haben daher ebenfalls ein eigenes Alternativpapier vorgelegt, das viele Empfehlungen des Gallo-Berichts in leicht veränderter Form aufgreift und vor allem auf nicht-legislative Maßnahmen und die Förderung legaler Online-Marktplätze für Inhalte setzt.

Die Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net bietet einen Vergleich aller drei Vorschläge und empfiehlt die Annahme der Initiative der Sozialdemokraten und Grünen. Sollte dagegen der Gallo-Bericht durchkommen, würde dieser "den Weg ebnen für eine gefährliche und unakzeptabel repressive Politik", warnt der Sprecher der Vereinigung, Jérémie Zimmermann. Private Akteure dürften damit Nutzer mit gleichen Rechten verfolgen wie die Polizei, was mit den Grundrechten der Bürger und Zusicherungen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens nicht vereinbar wäre. Zimmermann und andere Beobachter befürchten, dass die Formulierungen in dem Bericht den Aufbau von Systemen zur "abgestuften Erwiderung" auf Rechtsverletzungen mit Sanktionen bis hin zu Internetsperren nach dem französischen "Three-Strikes"-Modell nahelegen. (anw)