Historische Sternenkataloge: Hinweise auf künstliche Satelliten vor Sputnik?

Astronomische Aufnahmen aus der Zeit vor Sputnik enthalten Lichtpunkte, die nur einmal auftauchen. Nun wurden Hinweise auf einen künstlichen Ursprung erforscht.

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Zwei astronomische Aufnahmen derselben Region, grüne Kreise markieren die Unterschiede

Mehrere Lichtpunkte in einer Reihe, die später nicht mehr zu sehen sind.

(Bild: Stockholm University)

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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Ungewöhnliche Lichtpunkte in Aufnahmen des unberührten Nachthimmels vor Beginn des Raumfahrtzeitalters sind merklich häufiger in Zusammenhang mit Atomwaffentests und UFO-Sichtungen aufgetreten. Das ist ein zentrales Ergebnis einer neuen Studie der Astronomin Beatriz Villarroel, die schon länger scheinbar verschwindende oder nur vorübergehend auftauchende Lichtpunkte in historischen Aufnahmen erforscht. In der bislang umfangreichsten Analyse stellt sie nun einen Zusammenhang zum UFO-Phänomen her. Eine weitere Forschungsarbeit untersucht die Lichtquellen selbst und legt nahe, dass sie sich augenscheinlich wie künstliche Satelliten verhalten – nur eben lange vor Sputnik.

Villarroel von der Universität Stockholm widmet sich schon seit Jahren der Suche nach Objekten, die auf astronomischen Aufnahmen auftauchen und auf anderen nicht. Dafür hat sie das Projekt "Vanishing & Appearing Sources during a Century of Observations" (VASCO) ins Leben gerufen, das jetzt auch für die bislang wohl spektakulärsten Hypothesen verantwortlich ist. Denen liegen digitalisierte Aufnahmen des Sternhimmels zugrunde, die zwischen 1949 und 1957 gemacht wurden, also bevor erstmals künstliche Satelliten in die Erdumlaufbahn geschossen wurden. Gefunden hat die Forschungsgruppe darauf mehr als 100.000 Lichtpunkte, die wie ein Stern aussehen, aber nur auf einzelnen Bildern zu sehen sind.

Für eine Arbeit hat Villarroel zusammen mit einem Professor für Anästhesiologie von der US-amerikanischen Vanderbilt University untersucht, ob es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Lichtpunkte und Ereignissen auf der Erde gibt. Die Studie wurde jetzt im renommierten Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht. Darin heißt es, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solcher vorübergehenden Lichtpunkte an Tagen vor und nach Atomwaffentests um 45 Prozent höher lag. Auch wenn auf der Erde UFO-Sichtungen gemeldet wurden, stieg die Wahrscheinlichkeit solcher Lichtpunkte – aber nur um 8,5 Prozent. In Interviews mit der Astronomin wird nun die Frage aufgeworfen, ob das nicht darauf hindeutet, dass künstliche Objekte da die Menschheit beobachtet hätten.

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Die zweite Analyse wurde in den Publications of the Astronomical Society of the Pacific veröffentlicht und widmet sich den Lichtpunkten selbst. Ermittelt hat die deutlich größere Forschungsgruppe unter Leitung von Villarroel, ob und wie oft die Lichter in einer Reihe erscheinen, was auf ein Objekt in Bewegung hindeuten würde. Ein Beispiel passt demnach gut zu einer besonders öffentlichkeitswirksamen UFO-Sichtung in Washington D.C. Herausgefunden hat die Gruppe außerdem, dass die Lichtsignale merklich seltener aufgetreten sind, wenn dafür möglicherweise verantwortliche Objekte im Erdorbit im Erdschatten gewesen wären. Dort hätten sie also kein Sonnenlicht reflektieren können.

Die Universität Stockholm erklärt jetzt noch, dass einzelne Lichtpunkte in alten Aufnahmen lange als Defekte abgetan worden seien, selbst wenn sie wie richtige Sterne ausgesehen haben. Auch Villarroel gesteht nun wohl ein, dass es sich in vielen Fällen um Rauschen handeln dürfte. Darin scheine sich aber eine "echte Population von Phänomenen zu geben, die mit Atomwaffentests oder UFO-Sichtungen korrelieren und im Schatten der Erde fehlen". Solche Reflexionen könnten nicht auf Asteroiden oder Staub zurückgehen. Die würden auf den Bildern mit 50 Minuten Belichtungszeit lange Streifen hinterlassen. Lichtpunkte dagegen müssten von flachen Objekten stammen, die das Sonnenlicht nur kurz als Blitz reflektieren.

Villarroel sucht schon seit Jahren nach Lichtpunkten in alten Aufnahmen, für die es in modernen Himmelskatalogen keine Entsprechung gibt. Schon ganz am Anfang ging es dabei darum, mögliche Spuren außerirdischer Intelligenz zu identifizieren, ganz nach dem sogenannten dritten Clarkeschen Gesetz: "Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden." Bislang hat sich die Astronomin dabei aber darauf konzentriert, die Punkte als verschwundene Sterne zu klassifizieren. Die Idee, dass es sich stattdessen um künstliche Satelliten handelt, die vor Beginn des Raumfahrtzeitalters um die Erde unterwegs waren, ist neu. Abzuwarten bleibt, was ihre Kollegen und Kolleginen bei der Überprüfung der spektakulären Behauptungen jetzt herausfinden.

(mho)