Daten-Greenpeace gesucht

Während die Lobby-Arbeit der Internetwirtschaft gut organisiert ist, sind die Interessenvertreter der Netznutzer sehr zersplittert - eines der Ergebnisse des gestrigen SuMa-Kongresses.

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Vorratsdatenspeicherung, Web-Sperren, Neuauflage des Jugendmedienstaatsvertrages - die Diskussion netzpolitischer Regulierungsvorhaben in der Vergangenheit und leider auch in der Gegenwart zeigen, dass sich die Politik mit dem Internet nach wie vor schwer tut. Zugleich ist Regulierung notwendig, schließlich muss es für Player wie Google oder Facebook Grenzen geben, sonst drohen Transparenz und Datenschutz unter die Räder zu kommen. Dr. Christian Grugel, Ministerialdirektor im Verbraucherschutzministerium, wies in seiner einführenden Rede des SuMa-Kongresses auf ein gefährliches Ungleichgewicht hin. Während es eine atomisierte Landschaft bei der Vertretung der Internet-Nutzer gebe, sei die Lobby-Arbeit der Internetwirtschaft gut organisiert.

Doch was ist zu tun: Auf die Lernfähigkeit der deutschen Politiker hoffen, auf Europa vertrauen? Auf die Ergebnisse der Enquete-Kommission des Bundestags warten? Oder doch durch eine, vielleicht neu zu schaffende, Kraft aus der Zivilgesellschaft setzen? Das diskutierten die Teilnehmer des Kongresses in der Berliner Landesvertretung Niedersachsens.

Netzaktivist Alvar Freude berichtete von ersten kleinen positiven Entwicklungen, die die Enquete-Kommission bereits bewirkt habe. So sei es bisher undenkbar gewesen, dass ein Gremium des Bundestags ein Werkzeug wie EtherPad einsetze. Auch die Einbeziehung der Bürger durch die Online-Plattform namens Adhocracy nehme erste Züge an.

Doch auf die Ergebnisse, die die Enquete-Kommission erst in zweieinhalb Jahren vorlegt, will Lars Reppesgaard nicht warten. Der Journalist setzte in der abschließenden Diskussion dagegen auf so etwas wie ein digitales Greenpeace: Eine Netz-kompetente, schlagkräftige, kampagnenfähige und schnelle Truppe, die, entsprechend finanziert, neben einer breiten Basis auch einen professionellen Kern von bezahlten Aktivisten unterhalte. Zwar gebe es mit dem CCC, dem SuMa-eV, FIfF, netzpolitik.org und anderen bereits etliche Initiativen und Plattformen, die die Stimme des Netznutzers transportierten. Jede dieser sei aber zu klein, um wirklich schlagkräftig zu sein.

Letztlich traf Reppesgaards Vorschlag aber auf kaum Zustimmung der anwesenden Aktivisten. Christoph Waitz, Sprecher von ICOMP und ehemaliger medienpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, setzt eher auf die Ergebnisse der Enquete-Kommission. Constanze Kurz vom CCC verwies auf die eigene Kampagnenfähigkeit: Bei der letzten Aktion zum neuen Personalausweis etwa habe man nicht einmal alle Presseanfragen bedienen können. Auch sei man sehr wohl vernetzt, sogar auf europäischer Ebene. Kurz, selbst Mitglied der Enquete-Kommission, fürchtet zudem, dass professionelle Mitarbeiter die bislang ausschließlich ehrenamtlich arbeitenden CCC-ler demotivieren könnten.

Allein Wolfgang Sander-Beuermann, als Vorsitzender des SuMa-eV der Veranstalter, begrüßte die Idee eines Datapeace. Wie er auch mit einer Presseerklärung bekräftigte, will er "dieses Projekt angehen". Einen Hinweis, wie er das bewerkstelligen will, bleibt er allerdings schuldig. (jo)